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vom 15.10.2010 - Seite 024
Verbeugung vor einer Tabubrecherin

Der aus Linz stammenden, in Wien lebenden, international renommierten Medienkünstlerin VALIE EXPORT widmen das Linzer Kunstmuseum Lentos und das Wiener Belvedere gleichzeitige Ausstellungen. In Linz ist ein Schlendern durch die teils raumgreifenden Installationen empfohlen.

Von Silvia Nagl

Der Große Saal im Lentos wirkt wie ein Bühnenraum, in dem die Installationen von VALIE EXPORT beeindruckend inszeniert werden. Sie selbst habe "beim Durchgehen auch einige meiner Arbeiten anders gesehen als bisher", sagte die Künstlerin selbst beim ersten Rundgang durch die Schau mit mehr als 40 Werken aus den Bereichen Fotografie, Video, Installation und Skulptur.

Es gibt keine chronologische Reihung, und es ist auch keine Retrospektive, der Fokus "ist auf die letzten 20 Jahre gesetzt", sagt Angelika Nollert, die auch die parallel zur Linzer Ausstellung gezeigte Schau mit Werken von VALIE EXPORT im Wiener Belvedere kuratiert hat. Eine Doppelausstellung als Verbeugung vor einer großen Künstlerin zu ihrem heuer gefeierten 70er.

In Linz wird der Schwerpunkt auf Arbeiten, die sich mit Sprache, Aktion und Film auseinandersetzen, gelegt.

So beispielsweise bei "Riss im Wort" aus dem Jahre 1994, in dem sie ein Anagramm der Dichterin Unica Zürn zerlegt, die Textelemente auf Folie gedruckt und zu Textbahnen zusammengefügt hat, die von der Decke hängen, einander überlappen und sich immer wieder neu anordnen lassen. Eine poetische und auch optisch überaus ansprechende Arbeit.

Für "Die Macht der Sprache" aus 2002 wird auf sechs in Serie geschalteten Monitoren zeitversetzt die Stimmritze eines Mannes gezeigt. Auch hier wieder jener Aspekt in VALIE EXPORTS Werk, bei dem sie sich mit Körper und Funktion auseinandersetzt. Und dafür auch immer wieder verstörende und irritierende Ausdrucksformen gefunden hat und findet. Wie im Film "...remote...remote...passagen" aus dem Jahr 1973, in dem sie sich mit einem Stanleymesser die Fingernagelhaut bis zum Bluten bearbeitet - vor einer Fotografie von Kindern, die aus dem Polizeiarchiv von Misshandlungen stammt: schmerzender Ausdruck von Gewalt und Leid.

Ebenso wie bei der beklemmenden Installation "Heads - Apharäse" aus 2002, bei der sie vor den Fotos von misshandelten und getöteten Körpern Köpfe ohne Gesicht aus Bronze, Aluminium und Wachs drapiert. Köpfe, die laut zu schreien scheinen.

Mitten im Raum steht die riesige Skulptur "Nadel" aus 1996/97: Raumhohe Nähnadeln hämmern auf den Boden und lassen - wie so viele Arbeiten von EXPORT - gleich mehrere Assoziationen zu: die Nähnadel als Symbol für typische Frauenarbeit und das Kinderkleid, das von diesen Nadeln durchbohrt wird, als Symbol für Gewalt gegen Schutzlose.

Gewalt und Unterdrückung

VALIE EXPORT hat sich seit rund 40 Jahren mit ihrer künstlerischen Arbeit immer wieder zu Themenkreisen wie Unterdrückung, Gewalt an Frauen und Kindern, Zwang, Psychosen und Identität geäußert und für ihre Gedanken eine sehr spezifische, auch manch Tabu brechende Sprache entwickelt, die sich nicht immer auf den ersten Blick offenbaren mag. Mehrmals hinschauen aber lohnt gewiss.

Werk aus 2002: Gesichtslose Köpfe scheinen laut zu schreien.

Rund um die Ausstellung

"VALIE EXPORT. Zeit und Gegenzeit"

Dauer der Ausstellung:

17. Oktober bis 30. Jänner im Linzer Lentos, täglich 10-18, Do 10- 21 Uhr (Eröffnung 16. Oktober um 19 Uhr)

Katalog: Bildband mit zahlreichen Abbildungen; Verlag Walther König, Köln; 304 Seiten, 38 Euro

VALIE EXPORT: *1940 in Linz, 1956-59 Kunstgewerbeschule Linz, 1960-64 HTL für Textilindustrie Wien. Ausstellungen u.a. Documenta, Biennale Venedig. Lehrtätigkeit u.a. Art Institute/San Francisco, University Wisconsin/Milwaukee, Hochschule der Künste/Berlin.




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