Galerie Charim

Schwarzes Quadrat sucht Fleckchen im Salon

26. Mai 2010, 20:15
  • Artikelbild: Radikale Schwärze nach Malewitsch sucht Platz im bürgerlichen Salon: Daniel Pitíns "Dinner with Malevich" (2010).  - Foto: Pitín

    Radikale Schwärze nach Malewitsch sucht Platz im bürgerlichen Salon: Daniel Pitíns "Dinner with Malevich" (2010).

Daniel Pitín tauscht malerische und kinematografische Eigenschaften aus

Wien - Er will kein anderes: Immer und immer wieder sucht der kunstsammelnde Krematoriumsmitarbeiter beim Kunsthändler das Schwarze Quadrat aus - oder zumindest eine rechteckige Entsprechung dieser "nackten Ikone seiner Zeit".

In "Dinner with Malevich" manipuliert der tschechische Künstler Daniel Pitín Ausschnitte aus dem im Zweiten Weltkrieg spielenden Film "The Cremator" (Regie: Juraj Herz, CZ 1968) so, dass jede in die Handlung eingebettete Malerei zur schwarzen Fläche wird. Ein Trick, der einen der extremsten Pole der Malerei (1915 erstmals ausgestellt) in das geordnete Interieur einer bürgerlichen Existenz eindringen lässt.

Pitíns Kniff ist eine Hommage an den russischen Suprematisten Kasimir Malewitsch, für den das Bild vom schwarzen Viereck (es war streng genommen kein Quadrat) das Ende der traditionellen und den Anfang einer neuen Kunst symbolisierte: Genau diesen Umbruch "verfilmt" Pitín: Er taucht die Kunst in eine Schwärze, die universell und unendlich ist, da sie alle Formen und Farben enthält - in der also theoretisch auch jede Erkenntnis möglich wird.

Mit dieser filmischen Einbettung einer malerischen Idee erweitert der Künstler aber auch den malerischen Raum selbst. Ebenso wie er umgekehrt die Malerei nutzt, um dort filmischen Raum - etwa Architekturen oder Kulissen - zu erproben: Er versucht ihn mit neuer Perspektive und einer anderen, Realität transformierenden Ebene erfahrbar zu machen.

Diese Erweiterung des medialen Erfahrungsraums verbindet Daniel Pitín mit Valie Export und ihrer Idee des Expanded Cinema. Als Kuratorin hat sie für das art&film-Thema des Projekts "curated_by" für die Charim Galerie neben Daniel Pitín auch Tomás Svoboda ausgesucht. In der Ausstellung "Mrs. Roberts is gonna be late" erweitert Svoboda den Film um kommentarische Ebenen: Das kann Schrift sein oder ein zweiter Film, der mit einem anderen in einen Dialog tritt.

Im Extremfall kommt der Kommentar sogar ohne Film aus: Die Story eines Thailand-Urlaubs in Phuket wird in der Installation "Home-Video" allein durch die Filmkulisse erzählt. (Anne Katrin Feßler/ DER STANDARD, Printausgabe, 27.5.2010)

 

"Mrs. Roberts is gonna be late", Galerie Charim, Dorotheergasse 12, 1010 Wien, bis 5. 6.,

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