Einladung zur DamenwahlXenia Hausner malt am liebsten Frauen - und damit sich selbstFrauen, überall Frauen. Selbstbewusst und ein wenig skeptisch blicken
sie von den Leinwänden von Xenia Hausner. Immer erscheinen sie schön und
stark, stolz und ungebunden. In letzter Zeit sind ihre Modelle jünger
geworden. Wohl dem Umzug nach Mitte geschuldet, den die Berliner
Künstlerin vor zwei Jahren von Charlottenburg aus wagte. Hier ist das
Publikum jünger und, wie früher in und um die Paris-Bar, spricht Xenia
Hausner immer noch Menschen, die sie malen möchte, gern spontan auf der
Straße oder in Restaurants an. Sie selbst sei aber nicht vom Jugendwahn befallen, findet die
52-Jährige, die auch gern reife Gesichter erforscht, in denen das
Schicksal seine Spuren hinterlassen hat. Neu ist, dass sie ihre Fotos von
Modellen mit malerischen Mitteln fortführt. Handlung wird weitererzählt
durch Erweiterung des Bildes mit Pappstücken, vor allem jedoch durch
Vereinnahmung der Fotografie durch Farbe. "Wenn man mir ein Foto lange
genug in die Hand drückt, male ich eben rein", erklärt sie den kindlichen
Spieltrieb, den sie in ihrer Arbeit perfektioniert. Lakonisch bemerkt
Hausner: "Es geht letzten Endes alles durch die Malmaschine." Die Farbe
gegen das Foto zu setzen, reizt die expressive Realistin und Freundin
starker Farbkontraste. Neben den neuen "Combines", die in der Galerie
Deschler zur "Damenwahl" einladen, entsteht aber weiter auch reine
Malerei. Dass sie die Tochter eines bekannten Malers ist, darüber spricht die
gebürtige Wienerin ebenso ungern, wie über ihre Karriere als
Bühnenbildnerin zwischen Salzburg und Schiller-Theater. Zu oft wurde sie
danach gefragt, zu lange zurück liegen ihr diese Erinnerungen. Im
Gegensatz zu ihrem Kollegen Johannes Grützke, der sich als Maler dem
Bühnenbild zuwandte, entwickelte sich Xenia Hausner vom Theater zur
Malerei. Dieser widmet sie sich seit 1992 ausschließlich. "Mich haben
fremde Stoffe nicht mehr so interessiert wie das Drama, das in mir war.
Das muss ja irgendwie raus", bekennt die Künstlerin, die sich als ewig
Unzufriedene und großen "Druckkochtopf" bezeichnet. Der Druck, den sie
sich selber macht, verlässt sie nie. "Ich bin relativ gefangen in dem, was
ich tue und mit einer gewissen Monomanie verfolge." Wichtig ist ihr die Darstellung von menschlichen Beziehungen. Ihre
Stücke besetzt sie jetzt einfach selber. Doch auch wenn eine fremde Person
auf der Leinwand erscheint, beinhaltet das Gemälde Züge von Xenia Hausner.
Erfahrungen, Charakterähnlichkeiten, die innere Befindlichkeit der Malerin
fließen ein. "Ein Porträt ist immer auch Selbstporträt", findet sie und
malt stets an mehreren Bildern gleichzeitig. Gerade porträtierte sie Coco
Kühn, eine junge Künstlerin, die am liebsten mit Dosen arbeitet und die
ihr zufällig in Mitte begegnete. Zwei ebenfalls jugendliche
Zadek-Schauspielerinnen harren, einander liebevoll zugetan, auf einem
stark vergrößerten Foto noch der Vollendung. Für Xenia Hausner spielt es dabei keine Rolle, wer wer ist auf ihren
Werken. Sie versucht, etwas Individuelles allgemein gültig zu fixieren.
"Ich müsste konsequent sein und über die dargestellten Personen gar nicht
Auskunft geben", sagt sie. Die meisten kenne ohnehin keiner. Hin und
wieder male sie zwar ein Auftragsbild, doch nur, wenn die Chemie stimme.
Schließlich wächst der Druck, welcher auf der Perfektionistin lastet,
sonst nur unnötig. Worauf es ihr ankommt ist sowieso etwas anderes, das über das Konkrete
hinausgeht. Sie möchte nicht nur Menschen darstellen, sondern ihre innere
Beziehung zur Welt ergründen. Was ist der Mensch, was macht die
Gesellschaft aus ihm, in welcher Beziehung steht er zu ihr? Das sind
Fragen, die Xenia Hausner im "Liebeskampf des Malakts" umtreiben. Fragen,
auf die sie in ihren Bildern Antworten sucht. Unbeantwortet bleibt, warum
es in ihrer Kunst keine Männer gibt, oder nur sehr wenige? Die sind doch
auch Menschen. "Weiß nicht", sagt sie, "Frauen bevölkern die
Kunstgeschichte." Die Preise für die neuen, Fotografie und Malerei verbindenden Arbeiten
von Xenia Hausner liegen zwischen 7000 und 25 000 Euro. Galerie Deschler, Auguststr. 61, Mitte; vom 21. November an.
Öffnungszeiten: Di.-Sa., 13-18 Uhr. Im soeben erschienenen Buch:
"Damenwahl. Berichte aus dem Labor" (Wienand-Verlag, Köln, 22,80 Euro),
gibt es einen Einblick in Xenia Hausners Schaffensprozess. Artikel erschienen am 14. Nov 2003 |
||||
Artikel drucken | ||||
© WELT.de 1995 - 2004 |