Volpinum: "Sieben" - Arbeiten von sieben jungen KünstlerInnen
Eine punschkrapferlrosige Zeit?
Von Claudia Aigner
Schneewittchen ist die Hausfrau der sieben Zwerge, aber auch
wenn im Volpinum (Theresiengasse 25-27) einer in ein Punschkrapferl beißt,
ist Stefan Rothleitner trotzdem nicht der Kurator der sieben Todsünden.
Denn ein Puschkrapferl macht noch keine Todsünde (keine Völlerei). Und der
Ausstellungstitel "Sieben" (wie: sieben Geißlein) ist schlicht das
Ergebnis einer "Volkszählung mit dem Zeigefinger". Bis 9. Februar 2002
hängen hier nämlich sieben ziemlich frische Künstler. "Engel brauchen
keine Krankenversicherung." Natürlich, wo doch Engel im medizinischen
Sinne klinisch tot sind, sprich: ihren Hauptwohnsitz im Jenseits haben.
Wenn nun aber in einem gleich betitelten Video Sabine Jelinek in einem 14.
Stockwerk in New York leichtsinnig (oder: diesseitsmüde) auf einem
Balkongeländer sitzt, macht das den Betrachter schon nervös. Weil Jelinek
ja im Moment in etwa die Aerodynamik einer tiefgekühlten Hendlbrust hat
und weil für den freien Fall von Sterblichen gilt: Je höher, desto tot. Es
passiert aber trotzdem keine plötzliche Gleichgewichtskatastrophe. Das
gelungen "fahrlässige" Video ist vielleicht ein ironischer Seitenhieb auf
das Land der "Weltmeister im Versichern und Verklagen" (man wundert sich
ja mittlerweile, wieso sich noch kein Amerikaner gegen
"Schutzengel-Ausfälle" versichern ließ). Wo die Bits und Bytes daheim
sind: Hubert Blanz hat aus Computerchips (die aussehen können wie das
Lincoln Memorial) und aus anderen elektronischen Bauteilen etwas
zusammengebastelt, was allen Ansprüchen einer Großstadt absolut gerecht
wird. (Erstaunlich.) Und hat im dazugehörenden Video auch noch einen
überzeugenden Hubschrauberüberflug simuliert. Man kann sich vorstellen,
dass hier irgendwo Lara Croft mit ihren beiden "Megabytes" bei der
digitalen Männerwelt den digitalen Adrenalinspiegel anhebt oder dass der
Allesfresser Pac-Man für die Straßenreinigung zuständig ist (und sicher
auch mit dem Pferdeäpfelproblem der Wiener Fiaker fertig würde, wenn die
Pferdeäpfel virtuell wären). Und Bill Gates ist wahrscheinlich der größte
Immobilienmakler in "Digital City". Kurz: Die Welt ist eine globale
Computerplatine. Der Vergleich mit Jutta Strohmaiers Manhattan-Ansicht von
oben macht einen sicher. (Seit dem 11. September, seit also das Schwenken
eines Flugtickets in der Öffentlichkeit fast schon eine Drohgebärde ist,
ist das ja nicht mehr die Vogelperspektive, sondern die
"Terroristenperspektive".) Interessant auch die Weiterentwicklung von
Peter Niedertscheider. Hat in seinen disziplinierten Zeichnungen das
"Zusammenleben" von Männern und Frauen früher noch einen klar definierten
Sinn ergeben (nämlich einen Text, der nach dem binären ASCII-Code
verschlüsselt war, wobei der Mann für den sehnigen, "potenten" Einser
stand und die Frau für die Null), so machen die Männer und Frauen jetzt
von ihrer Freizügigkeit - und ihrer Sinnlosigkeit - Gebrauch (noch
radikaler als die Buchstaben in der Buchstabensuppe). Und sind nach
abstrakten Kriterien geordnet. Endlich das Punschkrapferl (das aber
erst ab, sagen wir, sieben Stück eine Todsünde ist): In Christoph
Schmidbergers heiler Welt der altmeisterlichen Perfektion, wo Leute, die
eine glatte Haut wie polierte Schaufensterpuppen haben, eine
schadstofffreie (und atmosphärelose) Luft atmen (und trotzdem nicht
ersticken), regiert das Punschkrapferlrosa. Und geschickt schaltet dieser
Perfektionist in seinen Bildern zwischen pedantischer Exaktheit (die jede
Realität übertrifft) und schlampig abstrakten Stellen hin und her. Der
Glaube an das goldene (oder: punschkrapferlrosige) Zeitalter ist eine
lässliche Sünde.
Erschienen am: 07.01.2002 |
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