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Kultur 

Vom Ball zum Weib, das lockt

Der amerikanische Pop-Art-Künstler Roy Lichtenstein im Kunsthaus Bregenz.

ARIANE GRABHER

Bregenz (VN) Dass der Besucher in der Sommerausstellung des Kunsthauses mit der Maquette eines Hauses empfangen wird, symbolisiert im Land der Häuslebauer mehr als eine nette Geste. Unter dem Titel "Classic of the New" dem amerikanischen Pop-Art-Künstler Roy Lichtenstein (1923 bis 1997) gewidmet, als einer Ikone der neueren Kunstgeschichte, hat das bunte Haus vielmehr Verweischarakter auf das Folgende.

Im Vergleich zu vorangegangenen Retrospektiven ist die Schau mit 40 Werken zwar eher knapp bestückt, doch weniger kann auch mehr sein. Und so stellt die Ausstellung, beginnend mit dem ab 1961 einsetzenden Frühwerk über die Frauenbilder bis hin zum Spätwerk der "Interiors" der 90 er Jahre, drei (die Architektur des Hauses gibt's vor) große Kapitel Lichtensteinscher Bildproduktion ins Zentrum.

Mythen des Alltags

Dem Trivialen, den Bildern und Mythen des Alltags zugewandt, markieren die piktographischen schwarz- bzw. blauweißen Arbeiten der frühen 60 er mit der Abkehr vom Abstrakten Expressionismus die Zäsur im Werk von Lichtenstein. Extrahiert, den umgebenden Raum völlig ausblendend, werden eine einzelne Socke, ein Golfball und eine Spule zum Bild. Lichtensteins malerische Versuche mit dem Benday-Dot-Punkteraster sollen die Malerei mechanisch und technisch erscheinen lassen, sind letztlich aber kaum mehr als eine Pointe auf die Reproduzierbarkeit des Kunstwerkes, denn der Künstler bleibt zeitlebens der klassischen Malerei im Atelier verpflichtet.

Von der monochromen Malerei ist es ein großer Sprung zu den Frauenbildern im Stock darüber. Als eines der bevorzugten Motive des Künstlers, das sich durch das gesamte OEuvre zieht, kommt ihnen in der Ausstellung die Funktion zu, das Gezeigte wie eine Klammer zusammenzuhalten. Das gelingt nur ansatzweise, vielmehr verkörpern sie die große Vielfalt.

Unerotisch

Auch wenn das Weib den Künstler ewig gelockt zu haben scheint und er sich am Thema von den bekannten Blondinen in der Bildsprache der Comics bis hin zu den Paraphrasen über Picasso oder Léger abarbeitet - die Frauen in den Bildern von Roy Lichtenstein sind (trotz ihrer Nacktheit) merkwürdig unerotisch. Ein echter Hingucker und der Höhepunkt der Schau sind die großformatigen, polychromen " Interiors" der 90 er Jahre. Vor dem Hintergrund der grauen Betonwände strahlen die Farben, und auch ob ihrer Dimensionen wirken diese Gemälde ungemein präsent.

Bildreflektoren

Als Summe seines Werks zitiert sich der Meister in den " Interiors" häufig selbst, in vielschichtiger Weise mit früheren Bildelementen hantierend. Meist menschenleer zeigen die " Interiors" Räume, so clean und so cool, dass niemand jemals in ihnen leben könnte.

Mit ihren flirrenden Oberflächen aus Mustern, aus Diagonalstreifen und Karos und dem häufig im Bild aufscheinenden Motiv des Spiegels sind sie perfekte Bildreflektoren ihrer Zeit. Sie zeigen aber auch, dass es unter der Oberfläche, auf die Roy Lichtenstein immer wieder reduziert wurde, noch eine tiefere, den Dingen innewohnende Wahrheit gibt. Die nimmt man auf dem umgekehrten Weg zurück durchs Haus mit und plötzlich erscheinen die banale Socke, der platte Golfball und die simple Spule gar nicht mehr so banal, platt und simpel.

Roy Lichtenstein: Punkte als Pointe auf die Reduzierbarkeit des Kunstwerkes. (Foto: Vera Isler/Kunsthaus Bregenz)

Lichtenstein: "Black Flower", 1961. (Fotos: Estate Lichtenstein)

"Little Aloha", 1962, jeweils leichte Ausschnitte.




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