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Hauptausgabe vom 08.02.2005 - Seite 021
Im Labyrinth eines Häuslbauers

Blendend weiße Kojen, dicht verbaut mit blendend weißen Verschachtelungen, Faltungen, Kanten: Höchst sinnliche und überraschende Raumerfahrungen bietet der amerikanische Architekt Peter Eisenman bis 22. 5. im Wiener MAK.

VON IRENE JUDMAYER

Völlig uninteressant: dieses vernichtende Attribut attestieren Medienforscher dem Thema Architektur im Ranking der Lese-Interessen in Zeitungen. Dicht gefolgt von avantgardistischen Kunstausstellungen dümpeln sie in Österreich angeblich am Listenende weit unter zehn Prozent der Lesenden von Kulturseiten. Und das in einem Land exzessiver Häuslbauer!

Mag wohl auch daran liegen, dass sich derlei Präsentationen oft im Zeigen von Plänen erschöpfen. Was für viele Laien wenig spannend und kaum nachvollziehbar ist.

Wie spannend sich Architektur jedoch darstellen könnte, ist derzeit im Museum für Angewandte Kunst (MAK) Wien zu sehen. Dort präsentiert der 1932 in Newark (New Jersey) geborene Architekt Peter Eisenman seine empfehlenswerte Ausstellung "Barfuß auf weiß glühenden Mauern".

Räume in Räumen

Wer sich eine simple Auflistung von Plänen und Modellen des international gefragten "Häuslbauers" erwartet, wird enttäuscht. Und zwar positiv enttäuscht: Eisenman transportiert hier neben einer verknappten Auswahl seiner Projekte - wie den "Memorial Square" für das einstige World Trade Center NY - vor allem seine Bauten-Philosophie.

In einer Einfachheit und Anschaulichkeit, die immer wieder verblüfft und überrascht. Der Ausstellungsraum liegt in absoluter Dunkelheit. In den Raum sind -zig ca. 2 x 2 x 4 Meter blendend weiß gehaltene Kojen gebaut. Sie sind innen beleuchtet und enthalten geometrische Körper, die - wiederum in gleißendem Weiß - ineinander verschoben sind, verschachtelt, ineinandergestülpt. Räume in Räumen, in die man mitunter hineingehen kann, in die man manchmal nur durch Schlitze schaut, durch zu enge Türen.

"Nichts ist, wie es war, der Raum steht vor uns wie ein Monster." - heißt es in Eisenmans Einleitungstext: "Sich auf diesen Raum einzulassen, heißt, sich im Dunkeln voranzutasten, eine archaische Angsterfahrung durchlebend. Die Mechanismen der Orientierung setzen aus. Gewissheiten geraten ins Wanken. Doch erst im Katastrophalen liegt die Katharsis. Ein neues Denken von Raum wird erschlossen und Befreiung setzt ein."

Dieses Zitat transportiert punktgenau jene Raumerfahrung, die das Kunstpublikum hier in der MAK-Ausstellungshalle erwartet. Im außergewöhnlichen Labyrinth eines außergewöhnlichen Künstlers.

Info: bis 22. 5. 2005, Di., 10-24 Uhr, Mi.-So., 10-18 Uhr.

Raum-Sichten: Ausstellung von Peter Eisenman im Museum für Angewandte Kunst in Wien Foto: MAK


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