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Sammlung Chesi verlässt Schwaz

Das Schwazer Haus der Völker soll ohne die Sammlung von Gert Chesi weiterleben. Mehrere Optionen stehen zur Wahl.

TT: Vor wenigen Tagen hatten Sie ein Gespräch mit LH Herwig van Staa. Hat sich bei diesem die Zukunft des Haus der Völker entschieden?

Chesi: Entschieden hat sie sich insofern, als der LH gleich am Beginn unseres Gespräches klar gemacht hat, dass das Land kein Geld für den Ankauf meiner Sammlung hat. Und auch die Stadt Schwaz schließt einen Kauf aus.

TT: Bedeutet dies das Ende des Haus der Völker?

Chesi: Nicht unbedingt, wenn auch in der jetzigen Form. Der Schwazer BM Hans Lintner, der großes Interesse am Weiterbestand des Museums hat, könnte sich in Übereinstimmung mit dem LH eine Kostenteilung für das Haus der Völker vorstellen, wobei Schwaz die Personalkosten, das Land die Betriebskosten übernimmt.

TT: Wenn Sie Ihre Sammlung aus dem Haus der Völker abziehen, was soll hier dann zu sehen sein?

Chesi: Hier gibt es verschiedene Optionen. Man könnte das Rosenheimer Lokschuppenmodell übernehmen und ein Halbjahresprogramm mit einer großen Eventausstellung jährlich machen. Man könnte das Haus aber auch mit Leihgaben aus verschiedenen Sammlungen bestücken. Das Haus der Völker sollte jedenfalls ein ethnologisches Museum bleiben. Denkbar wäre auch, dass in Schwaz eine Expositur des Wiener Völkerkundemuseums eingerichtet wird. Diesbezüglich will BM Lintner Gespräche mit Ministerin Elisabeth Gehrer führen.

TT: Sie werden sich mitsamt Ihrer Sammlung aber auf alle Fälle vom Haus der Völker verabschieden?

Chesi: Da die öffentliche Hand meine Sammlung nicht kauft, muss ich mich nach einem anderen Käufer umsehen, um mir die persönliche Freiheit leisten zu können, die ich nach fast zehn Jahren Haus der Völker einfach will. Ich könnte mir aber durchaus vorstellen, einen Teil meiner Sammlung, die ich nicht verkaufe, als Leihgabe in das Museum einzubringen. Dabei handelt es sich um Objekte, die bisher als Leihgaben in unterschiedlichen europäischen Museen zu sehen sind. Nicht trennen werde ich mich aber auch von meiner Voodoo-Sammlung, die derzeit gerade im Haus der Völker als Sonderausstellung zu sehen ist. Sie wird in den nächsten Jahren weltweit auf Wanderschaft gehen. Nicht verkauft wird auch meine Sammlung archäologischer Objekte archaischer Kulturen aus aller Welt.

TT: Bei unserem letzten Gespräch haben Sie gesagt, dass ein unabhängiger Gutachter die Sammlung schätzt. Ist dies inzwischen passiert?

Chesi: Dieser war da, hat vier Tage im Haus der Völker verbracht und unzählige Fotos gemacht. Sein Gutachten wird für Anfang Oktober erwartet, ändert aber nichts an der grundsätzlichen Situation.

TT: Was passiert nun mit Ihrer Tausende Objekte umfassende Sammlung asiatischer und afrikanischer Kunst?

Chesi: Durch den Verkauf der Sammlung befreie ich mich von sämtlichen materiellen Zwängen, kann ich ein freies Leben führen. Einen potenziellen Käufer habe ich bereits. Wie dieser in Zukunft mit der Sammlung verfahren wird, darauf habe ich keinen Einfluss. Es wäre eine schöne Illusion, dass die Sammlung zusammenbleibt und in einem anderen Kontext präsentiert wird. Ich kann es aber auch nicht verhindern, dass die Objekte in den internationalen Kunsthandel kommen.

TT: Wann wird der Deal stattfinden?

Chesi: Ich muss noch abwarten, was von Stadt und Land auf mich zukommt. Das ist eine Frage des Anstands. Dann habe ich noch das Sachverständigengutachten abzuwarten. Das ist eine Frage der geschäftlichen Fairness. Die Zeit drängt nicht wirklich, laufen die Verträge für das Haus der Völker doch bis 2005. Die Entscheidung wird sicher noch heuer getroffen werden.
2003-09-02 16:44:19