Hauptausgabe vom 06.06.2002 - Seite 008
JASCHA: "Aktionsschrei" in der Landesgalerie

Die Provokation ins Gesicht schmeißen

VON FRANZ SCHWABENEDER

1967 hatte der 1942 im oberösterreichischen Mettmach geborene Johann Jascha sein Diplom an der Wiener Akademie der Bildenden Künste erhalten. Und was tat er? Mit Rauschebart, wehendem Haar und Diplom startete er auf der Straße eine Schrei-, Grimassen- und Körperverrenkungsaktion, dass die Passanten in blankes Entsetzen verfielen. Der "akademische Hansi" war geboren, einer der mit provokantem Aktionismus der Welt mitteilte, was er vom Kunstbetrieb, den verknöcherten Akademien und vom Kulturkonservativismus der Menschen zu halten gedachte.

Zu den Kunst-Wurzeln

Dazu gibt es Bilddokumente, etwa vom damaligen OÖN-Kunstkritiker Peter Baum, der ja schon ein Weilchen Direktor der Neuen Galerie der Stadt Linz ist. Unter dem Titel "Johann Jascha: Aktionsschrei" ist bis zum 25. August in der Landesgalerie das Frühwerk des Künstlers von 1967 - Jaschas Diplomierung - bis 1975 - Jaschas Teilnahme an der Ausstellung "Oberösterreichs Avantgarde" - versammelt. Es gilt eine lustvoll-vergnügliche und temperamentvolle Betrachtungsreise zu den Kunst-Wurzeln des Zeichners, Grafikers, Malers, Medailleurs, Plastikers, Relief- und Körperkünstlers anzutreten.

Landesgaleriechef Martin Hochleitner hat gewissermaßen eine bildnerische Partitur arrangiert: die Fotodokumentation der aktionistischen Inszenierungen und die Grafitzeichnungen auf Papier, die in den frühen 70-er-Jahren entstanden sind. Die Schrei-, Grimassen-, Körperaktionen, Selbstdarstellungsposen von "Jaschas Geburtung" in Wien bis zum "Flugversuch" in Mettmach sind prächtige Dokumente des Subversiven, Verstörenden, der beißenden Satire, auch des Tabubrechens, ohne sich jedoch in die Kriminalisierung einzulassen, wie es der Wiener Aktionismus durchaus verstanden hat. Zudem sind die Arbeiten auch Zeugnisse erstrangiger Fotokunst, etwa von Werner Mraz, Gerhard Trumler oder Gert Winkler.

Unverblümt und sinnlich

Die Zeichnungen wiederum sind die Bannung des Körperlichen aufs Papier: exaltiert bis dekadent, von wunderbarer Dynamik und unverblümter skurriler Sinnlichkeit. Sie waren der stumme Schrei gegen den Akademismus, dem Johann Jascha seine Körper- und Gestaltungskunst übergebraten hat.

So blicken wir also dreißig Jahre zurück an die Basis von Jaschas Kunst-Existenz. Und somit ist sie für mich in aller Exaltiertheit auch eine Ausstellung von großer, delikater Intimität.

Landesgalerie, Museumstraße 14, bis 25. August. Aufgelegt ist ein formal und typografisch vorzüglicher Katalog (Bibliothek der Provinz, 20 Euro).

Am Samstag, 8. Juni, 19 Uhr, wird in der Galerie Brunnhofer, Linz, Hafenstraße 33, die Ausstellung "Jascha jetzt - Zeichnung.Malerei.Serigrafie.Skulptur" eröffnet. Bis 25. August.


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