Salzburger Nachrichten am 29. März 2002 - Bereich: kultur
Heilige Kühe werden nicht geschlachtet

"Karma & Kapital": Aktuelle Positionen indischer Kunst in einer Ausstellung der Kunsthalle Wien

Wie zeigt man das Kunstleben eines ganzen Kontinents? Und: Was zeigt es? "Karma & Kapital" beweist: Performance, Video, Fotografie, Objektinstallationen neben Malerei und Zeichnung werden beherrscht wie anderswo auf der globalisierten, "mediengerechten" Welt. Vermarktbar ist nach wie vor Malerei, daher besteht das aktuelle Kunstangebot in Indien zu 95 Prozent aus Malerei. Allerdings sind die Künstler, wie man am Beispiel von Atul Doiyda sehen kann, am aktuellen Weltgeschehen in Politik und Kunst sehr interessiert und thematisieren dies deutlich. Auch die farbigen Zeichnungen von Suredan Nair verweisen auf die Vereinnahmung tradierter Begriffe und Wertvorstellungen für Gewaltpropaganda einer hinduistischen Rechten.

Seltsamer Weise ist die Medienkunst nicht stark ausgeprägt, die Neuen Medien werden offenbar primär fürs Geschäft genutzt. Ein technisch brillantes, einfach zu bedienendes interaktives Werk von Baiju Parthan (Maler, Ingenieur und Pionier der indischen Netzkunst) gibt uns zwar die Möglichkeit der Reise durch die Bedeutungen von Ikonen, doch gerade hier benötigt man Hintergrundinformation zu Geschichte und Religion. Die Zusammenführung von Tradition und Innovation, von Malerei und CD-ROM ist originell.

Shanatu Lodh befragt in ihrem Werk Religionen und Ethnien, auch die sprichwörtliche heilige Kuh. Dayanita Singh porträtiert die sich erneuernden Zeichen in der Gesellschaft, Vivan Sundaram macht aus seinem Vermarktungsmodell eine Spendenaktion für einen guten Zweck.

Ein Begleitprogramm und ein interessanter Katalog erweitern die Sicht auf einen Kontinent im Umbruch.

(Bis 9. Juni) JANA WISNIEWSKI