Markus Prachensky, Galionsfigur des österreichischen Informel: "Oft frage ich mich: Beherrscht mich die Malerei oder beherrsche ich sie?"
Seine Kunst, inspiriert von Eindrücken, die er auf seinen Reisen gewann, ist reduziert auf das Wesentlichste: Form und Farbe.
***
Wien - Alles, alles war schon vorbereitet für seinen neuen Zyklus, eine Hommage an den florentinischen Maler und Mosaikkünstler Paolo Uccello (1397-1475), die Leinwände in Anthrazit grundiert. Doch am Tag, ehe er zu malen beginnen wollte, wurde Markus Prachensky mit Lungenentzündung ins Krankenhaus gebracht.
"Die Kunst", sagte er einmal, "muss das ganze Leben sein. Ich glaube, dass ein Maler als Maler aufsteht und als Maler sich ins Bett legt, besessen von der Idee, etwas Gutes zu bringen. Oft frage ich mich: Beherrscht mich die Malerei oder beherrsche ich sie? Es schreibt sich aus mir heraus. Es schreibt sich fort, das Werk. Wäre ich kein Atheist, würde ich sagen: In der Malerei geht es um die Schöpfung."
Selbst als Prachensky in den letzten Jahren von seiner schweren Lungenkrankheit geschwächt war, sammelte er auf Reisen, die von seiner Frau Brigitte minutiös vorbereitet waren, Eindrücke für seine Kunst: südliche Landschaften, megalithische Dolmen, ägyptische und römische Tempel, etruskische Funde, Felsschichtungen - alles färbte sich in seinem Blick rot, verwandelte sich unter kräftigen Pinselschlägen und zarten Strichen in seine abstrakte Bildwelt, benannt nach den Orten der Erinnerung.
Dröhnend laute Musik, meist Dixxie und Jazz, aber auch Klassik, schirmte ihn beim Malen vom Rest der Welt ab, war immer titelgebender Bestandteil seiner Serien: "Ich wähle die Musik gezielt aus, im Wissen dessen, was ich malen möchte. Zum Beispiel die Serie Umbria Cantata. Da habe ich Bach-Kantaten gehört. Das sind sehr strenge Bilder, nach dem bachschen strengen Aufbau. Oder Umbria Quartetto, da habe ich Beethoven-Konzerte gehört."
Aber auch, wenn er nicht malte, malte er - im Geiste: "Mein Internist weiß, dass ich ständig durchmale. Ich sitze oft, schau' in die Luft und mal'. Wenn ich mich hinlege, muss ich Schlaftabletten nehmen, damit ich in den Genuss von Schlaf komme. Es bewegen sich die Ideen, es malen die Pinsel in meinem Kopf. Wenn man mich eine Weile allein lässt, mache ich mir Notizen. So ein Beruf lässt einen nicht aus. Gottseidank." Und wenn er nicht malte, dann zeichnete er, erinnerte sich in seinen Skizzen an Gesehenes, verdichtete die Erinnerungen an Reisen, Orte, Landschaften in seiner ganz eigenen, informellen Formensprache.
Hektoliter roter Farbe
"Retournons à la peinture" - kehren wir zur Malerei zurück, postulierte er in den 50er-Jahren in einem Manifest. Damals sorgte er mit seiner Peinture Liquide im Wiener Theater am Fleischmarkt und in Aschaffenburg für mediales Echo weit über Österreichs Grenzen hinaus: Über meterhohe Leinwände ließ er Hektoliter roter Farbe rinnen. Die Leinwände zerstörte er: "Sie zu zerschneiden und stückweise zu verkaufen, wie einige Kollegen, wäre mir schon albern, unseriös vorgekommen."
Als Knabe habe er zwar gegenständlich gezeichnet oder Landschaften skizziert, "aber dann habe ich mich nur mehr für die Abstraktion interessiert. Ich hatte nie das Gefühl, mich mit gegenständlicher Kunst ausdrücken zu können. Das ist ja der Grund, warum ich Maler werden wollte: um mich auszudrücken."
Geboren im März 1932, studierte er auf Wunsch seines damals todkranken Vaters, eines Architekten, an der Akademie der Bildenden Künste Architektur, später zusätzlich Malerei bei Albert Paris Gütersloh: "Wir kamen blendend aus", erinnerte er sich. "Er hat nie ein Bild von mir gesehen. Aber jede Woche haben wir eine Stunde über Literatur geplaudert." In der Klasse von Josef Dobrovsky lernte er Josef Mikl und Wolfgang Hollegha kennen; mit ihnen und Arnulf Rainer gründete er die legendäre Künstlergruppe rund um Monsignore Otto Mauers Galerie nächst St. Stephan: "Es war quasi eine Solidarität de la rasse; in Otto Mauer fanden wir einen Menschen, der gleichgesinnt war. Nach dem Krieg gab es noch so viel Nazi-Gesindel. Ich hatte immer meinen Reisepass eingesteckt, weil ich sicher sein wollte: Ich kann ins nächste Flugzeug und verschwinden." Nach Paris, Berlin und Stuttgart landete er 1967, eher zufällig, wie er sagte, für zwei Jahre, in Los Angeles. Mehrere Male sollte er später, fasziniert von der Wüste und den schroffen Felsen, an die US-Westküste zurückkehren. California revisited und California miles heißen die danach entstandenen Bilderzyklen.
Prachensky, ausgezeichnet mit dem Großen Goldenen Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich, lässt sich in einem Atemzug mit Franz Kline oder Jackson Pollock nennen, seine Bilder hängen in wichtigen Museen und Sammlungen. Sein Werk liest sich als rot-rote Lebensreise, reduziert auf das Wesentliche: die Form - und die Farbe. "Ich habe auch Bilder gemalt, in denen ich andere Farben verwendet habe", sagte er, "aber rot war immer dabei. Rot ist die Farbe meines Lebens. Mit dieser Farbe habe ich angefangen, mit ihr werde ich sterben, da gleite ich dann hinüber ins Jenseits. So es eins gibt, was ich sehr bezweifle."
Markus Prachensky ist in der Nacht auf Samstag 79-jährig seiner schweren Krankheit in einem Wiener Krankenhaus erlegen. (Andrea Schurian, DER STANDARD - Printausgabe, 18. Juli 2011)
In der Salzburger Galerie Welz ist ab 21. 7. eine Ausstellung mit Werken Prachenskys zu sehen.
Nachlese
Die Ausstellung "Die Alchemie des Alltags" präsentiert Rudolf Steiner als angewandten Künstler
Ein Kunstprojekt erinnert an Johanna Dohnal
Witwe hatte Schenkung in Testament festgehalten
Konzeptkünstler Peter Friedl ist zwar gebürtiger Österreicher, aber nur selten im Lande
Kooperation mit Theater Hausruck: "Neuland oder Vorwärts zum Ursprung"
Zeitgleich erschienen zwei fotografische Dokumentationen über das Jet-Set-Paar schlechthin: Jerry Hall und Mick Jagger
Acht Werke im Rahmen der Dauerausstellung
Eine Benefizauktion ermöglicht der Londoner Serpentine Gallery neue Perspektiven - Anlass für eine Rück- und Vorschau
Neue Ableger von "Frieze" und Art Basel als Hintergrund
100-Millionen-Rekorde gab es 2011 noch keine - Stattdessen überraschen global die Zuwächse bei Neukunden und vor allem in der breiter gestreuten Nachfrage für Qualität
"Glanz & Glorie der europäischen Höfe" : Anlässlich der fürstlichen Hochzeit breitet eine pompöse Ausstellung in Monaco den Reichtum des Adels aus. Als einziges ungekröntes Haus mit dabei: die Familie Esterházy
Er ist der Vater der Kunstgeschichte und Erfinder der Renaissance - Eine Biografie und die Neuausgabe seiner Viten ehren Giorgio Vasari zum 500. Geburtstag
Warhol-Bild erzielte 1,3 Millionen Dollar
Der Bildhauer Stephan Balkenhol zeigt seine Werke in Salzburg im Rahmen der Festspiele
Kunstmesse in Dornbirn
Die Arbeiterkammer Wien widmet sich mit Céline Duvals "Trophäen Kammer" dem Thema Freizeit und beeindruckt mit Gegensatzpaaren
Im Zentrum seines Werks standen religiöse Themen
Ein buntes Potpourri quer durch das Galerieportfolio oder - mutiger - die künstlerische Soloschau: In den Salzburger Galerien gibt es zur Festspielzeit wieder vielfältigste Angebote an das kunstsinnige Publikum
Privatfonds springt ein
Die Ausstellung "Political Patterns" spürt den überraschenden Beziehungen von abstrakten Ornamenten und neuen politischen Bestimmungen nach
Sommerfestival in Günther Domenigs Baukunstwerk am Ossiacher See
Zwischen Internationalität und Isolation, zwischen Süden und Osten: Die Architektur Belgrads zeigt von jeher eine Eigenständigkeit abseits von Ostblock-Klischees
Gustav Klimts "Litzlberg"-Gemälde wird bei Sotheby's in New York versteigert
Zwischenbilanz: Das Erschließen von Nischensegmenten und zunehmender Transfer federn mangelnde Nachfrage hierzulande ab
Neubau in Weimar soll bis 2015 fertig sein
Stephen Prinas Phantomkörper suchen Andockstellen: Der US-Künstler hat das Mobiliar zweier Schindler-Häuser rekonstruiert und in eine Farbe seiner Erinnerung getaucht
20 Kurse für Bildende Kunst
Heuer widmet die Fotogalerie Wien dem österreichischen Künstler Hans Kupelwieser eine Werkschau und zeigt Arbeiten seit 1981
Auszeichnung mit 11.000 Euro dotiert
Gemälde und Plastiken aus Schloss in Seewalchen: Tatmotiv "Sammlerleidenschaft"
Enkel des Wiener Psychoanalytikers wurde 88 Jahre alt - Ausstellung im KHM 2013
Sanierung und Umbau: Verdoppelung der Ausstellungsflächen geplant
David Chipperfield ist nicht nur der Architekt des neuen Kaufhauses Peek & Cloppenburg in Wien, sondern auch Anhänger einer alten Konsumkultur
Anlass für 100 Tage dauernde Ausstellung ist Jubiläum "100 Jahre Dada"
Parcours aus Lust, Exzess, Grauen und ein bisschen Verspieltheit: Ausstellung "Lucas Bosch Gelatin" rührt in mehrfacher Hinsicht an Gewohntes und lässt dennoch vieles, wie es ist
ZKM in Karlsruhe vergab Preise im Rahmen der Ausstellung "Car Culture. Medien der Mobilität"
In der Schweiz lebende Britin nahm mit 7.500 Euro dotierten Preis entgegen
100 Jahre John Lautner: Die Glamour-Gebäude des kalifornischen Architekten kennt man aus "007" und "The Big Lebowski". Die Grundidee war eine ganz andere
Das Werk der Künstlerin ist bis Mitte September zu sehen
Links vom Erker hing Gustav Klimts "Cassone" - Und rechts davon? "Litzlberg", das jüngst restituiert wurde und bei Sotheby's in New York zur Versteigerung kommt
Über der 13. Ausgabe prangen die Worte "Collapse and Recovery"
Die Soundinstallation "A Translocator" verschmilzt unterschiedliche Klangumwelten miteinander
Baselitz, Polke & Co mischten das aktuell bei den Auktionen in London angebotene Establishment gehörig auf
Die Sommerakademie für Bildende Kunst stellt sich diesmal fundamentalen Fragen und bietet u. a. Diskussionen und Vorträge an
KHM will mit internationalen Künstlern überraschen - Das Konzept wird im September vorgestellt
Die New Yorker Künstlerin Danica Phelps hält den Wert von Beziehungen fest
Museum in Progress gastiert wieder im STANDARD
Kunstsammler Würth erwarb Renaissance-Hauptwerk von Erbengemeinschaft - Tafelbild nur mehr kurz als Leihgabe im Frankfurter Städel Museum
Die Ausstellung zeigt einen Querschnitt aus dem grafischen Werk Hundertwassers von 1951 bis 1999
Spur des Bildes um 1900 verloren gegangen - Experten über Echtheit uneinig
Für Neues Museum Berlin
Tschechischer Maler für abstrakte Linienbilder bekannt - Herbert-Boeckl-Preisträger 2005
Elena Peytchinska und Matthias Krinzinger ausgezeichnet
Der dänische Künstler Jakob Kolding collagiert surreale Welten, in denen Fragen zum sozialen, politischen und psychischen Raum angerissen werden: vieldeutig und faszinierend
Staatsanwalt: "Wir glauben, dass uns diese Leuten Geschichten erzählen, wie sie an die Werke Picassos gekommen sind"
Der Gänsemarsch der Epochen ist Geschichte: Die Neukonzeption der Dauerausstellung überzeugt und bittet Kunst des 20. Jahrhunderts (endlich) vor den Vorhang
Mit 5.000 Euro dotierte Auszeichnung der Vereinigung bildender Künstler Wiener Secession wird erstmals am 4. Juli verliehen
Die Ausstellung "Vermessung der Welt - Heterotopien und Wissensräume in der Kunst" will im Kunsthaus Graz große Weltzusammenhänge über kleine Details aufzeigen
Retrospektive zur Werkstätte Hagenauer im Wagner: Werk Museum Postsparkasse
Die aktuelle Ausstellung "Farewell to Longing" widmet sich dem beladenen Begriff Heimat. Die Ergebnisse der Auseinandersetzung bleiben halbgar
Mit gestischem Stil und mit schriftartigen Zeichen, die er auf Großformaten ins Monumentale steigerte, wurde der US-Maler Cy Twombly weltberühmt
Der Kunstmarkt ist seit dieser Woche um eine Sensation ärmer und einen Skandal reicher. Im Mittelpunkt stehen eine Skulptur von de Vries und viele Fragen
"Protest und Stillstand" in Wien
Er baut klein und spartanisch. Und am liebsten zeichnet er nur. Ein Gespräch mit dem russischen Künstler und Architekten Alexander Brodsky
Gerald Matt versucht den von seiner eigenen Popularität ins kunsthistorische Jenseits gedrängten Salvador Dalí wiederzubeleben: Auch im Dialog mit anderen Künstlern bietet dieser jedoch nicht viel Neues.
Der Bauhaus-Künstler, Sohn von Lyonel Feininger und berühmt durch frühe Fotografien, wirkte in den USA als Maler und Kunstdozent
Temporäres Zentrum der Visualistenszene in früherer Wiener Rinderhalle
Kritisch und unglamourös: Die Ausstellung "actual" in der Galerie Mezzanin
"Today is Tomorrow" in der Galerie Maerz in Linz
Der Verpackungskünstler Christo möchte sieben Kilometer des Arkansas River "überdachen"
Das Austrian Cultural Forum New York (ACFNY) zeigt pro Stockwerk jeweils eine Installation
Nach dem Einsturz des Kölner Stadtarchivs soll nun in den nächsten vier Jahren das modernste und sicherste Archiv Europas entstehen
Kunstmesse-Veranstalter höchst zufrieden
"The Overseas Photographer Award": Japanische Auszeichnung für österreichischen Fotokünstler
Eine Reflexion über künstlerische Strategien der Erinnerung im Postnazismus - Von Katharina Morawek und Nora Sternfeld - Aus der Zeitschrift der IG Bildende Kunst
Entdecken Sie Europa immer wieder neu -
mit Flügen zum All Inclusive Preis.
Z.B. Hamburg ab 99 €*, London ab 159 €*,
Paris ab 159 €*.
Jetzt buchen auf lufthansa.com
Die Kommentare von Usern und Userinnen geben nicht notwendigerweise die Meinung der Redaktion wieder. Die Redaktion behält sich vor, Kommentare, welche straf- oder zivilrechtliche Normen verletzen, den guten Sitten widersprechen oder sonst dem Ansehen des Mediums zuwiderlaufen (siehe ausführliche Forenregeln), zu entfernen. Der/Die Benutzer/in kann diesfalls keine Ansprüche stellen. Weiters behält sich die derStandard.at GmbH vor, Schadenersatzansprüche geltend zu machen und strafrechtlich relevante Tatbestände zur Anzeige zu bringen.