Irgendwo im Nirgendwo
Fotokunst. Christoph Grill erforscht das Nirgendwo. Mit seiner Kamera ist er vor allem in den Ländern der ehemaligen UdSSR unterwegs.
Heinz Bayer Salzburg (SN). Der Mann ist so ungewöhnlich, wie es seine Fotos sind. Grill (46), Archäozoologe im Hauptberuf, bereist seit 1996 die ehemaligen Teilrepubliken der zerfallenen UdSSR. Stets beharrlich fotografierend „und sehr oft aufgenommen von extrem gastfreundlichen, herzlichen Menschen“, wie er den SN erzählte.
Zu sehen sind auf seinen Arbeiten surreal anmutende Landschaften. Sie zeigen in der Regel Zerstörung und Leere. Quasi die Restposten des einstmals real existierenden Sozialismus’. Die in der Regel mit einer Panoramakamera und analog aufgenommenen Bilder werden nicht im Fotoshop geschönt. Sie entstehen auf staubigen Landstraßen, in Dörfern, die die Welt vergessen hat, in Steppen, die mit Autowracks und Ruinen zugemüllt sind.
Es sind keine Schnappschüsse, die Grill abliefert, sondern mit Konzentration gefertigte Zeugnisse des Niedergangs.
Der Clou dabei: Die Fotos sind zugleich von einer charmanten Ironie besetzt, die beim Betrachten erheitert.
Christoph Grill präsentiert in der Leica Galerie Salzburg derzeit eine Auswahl aus seinem Fundus. Teils in großen Formaten. Parallel dazu arbeitet er an seinem ersten Buch. Es soll im Herbst erscheinen.
„Es ist ein schweres Erbe, welches auf den fünfzehn neuen, unabhängigen Staaten der UdSSR lastet. Die Auflösung der Sowjetunion führte in Zentralasien und dem Kaukasus zu blutigen Kriegen und soziale Konflikte entluden sich in Form ethnischer und religiöser Unruhen. Die Anzahl der Leute, die unter der Armutsgrenze leben, hat um das Zehnfache zugenommen“, so Grill. Eine jahrzehntelange, rücksichtslose Ausbeutung natürlicher Ressourcen habe teils zur totalen Zerstörung empfindlicher Ökosysteme geführt. Seine Fotos würden aber nur einen Ausschnitt des Ganzen zeigen. „Ein Land, das sich von der Ostsee zum Pazifik und vom Eismeer bis Afghanistan erstreckte, besitzt eine derart große Vielzahl einzigartiger, unterschiedlicher Naturlandschaften und Kulturen, die kein anderer Fleck der Erde aufzuweisen hat.“Leica Galerie, bis 9. April.