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Die Messe für Weltverbesserer

07.05.2009 | 17:21 |  (DiePresse.com)

Aufschwung. Zwischen kritischer Kunst und politischem Aktivismus: Die „Messe für Gegenkultur und Widerstandstechnologien“ versammelt von 14. bis 17. Mai Kunst- und Politinitiativen in der Linzer Hafenhalle09.

Üblicherweise haben Messen etwas leicht Verschrobenes. Da versammeln sich Liebhaber, sagen wir von Booten, Münzen oder Gärten, und informieren sich über die Marktneuheiten der Saison. Die Kulturhauptstadt Linz ist im Mai Gastgeber einer Messe der anderen Art. Im Linzer Hafen findet die „Messe für Gegenkultur und Widerstandstechnologien“ statt. Verschroben? Eher nicht.

Welttreffen der Weltverbesserer

Die neuesten Entwicklungen auf dem Widerstandssektor? Kontakt mit den neuesten subversiven Elementen? Information, wie ein radikaler Wandel der Gesellschaft am einfachsten zu bewerkstelligen wäre? Antworten auf diese Fragen verspricht die „Subversiv Messe“, bei der zahlreiche Teilnehmer aus einem im weitesten Sinne linken, alternativen Spektrum erwartet werden: angefangen von Künstlertruppen wie Monochrom aus Wien oder Graffiti Transnacional bis zu politischen Initiativen wie den deutschen Kanak Attak, über die radikalen Gärtnern von Guerilla Gardening bis zu den Müllverwertern von Dumpster Cooking.

Klingt nach einem Welttreffen der Weltverbesserer? Ein bisschen vielleicht. Aber ein ungewöhnliches zumindest. Denn die Präsentation ist überraschend professionell – und ganz dem üblichen Messezirkus entsprechend: In Kojen präsentieren sich die Aussteller und ihre neuesten Produkte. Wobei Produkte im subversiven Kontext sehr weit gefasst ist: Geht es doch um die Frage der angemessenen, der Zeit entsprechenden „Widerstandsformen“. Und da gibt es für gewöhnlich viele unterschiedliche Antworten und Strategien. Apropos der Zeit entsprechend. Höhepunkt der Messe ist ein Symposion am 16. Mai, das sich dem Thema „Normalzustände in der Krise“ widmet. Künstler und Aktivisten gehen in Vorträgen und Diskussionen der Frage nach, wie angemessene künstlerische Kritik an der Gesellschaft in der aktuellen Wirtschaftskrise aussehen soll.

Die Messe verlässt auch die Messehalle. Performances im öffentlichen Raum werden ebenfalls geboten. Da ist etwa die „Neigungsgruppe Donauschwimmen“, die mit ihrer Intervention am Samstagabend eine „Irritation“ des gewohnten Fließerlebnisses für die „automotorisierten VerkehrsteilnehmerInnen“ verspricht. Exkursionen und Workshops (Siebdruck, Basteln und ein Radical Clown Training) runden das Programm ab. Außerdem gibt es eine Galashow von Monochrom (Donnerstag, 14. Mai) sowie eine Performance der Allgirl-Boygroup Sissy Boyz aus Bremen.

Wem das an Aktivismus noch nicht genug ist, der kann die Stadt Linz von einer anderen Seite kennenlernen: „Überwachungsfreie Stadttouren“ werden von 10. bis 16. Mai angeboten. Führungen durch die Linzer Innenstadt, ohne in das Auge der mittlerweile fast überall präsenten Überwachungskameras zu geraten. Die Teilnehmer bekommen Tarnkleidung ausgehändigt und dann geht es gemeinsam mit professionellen Tourguides los. Auf dem Programm: robben, tarnen und täuschen.


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