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Die gläserne Parallelwelt lädt ein
Mit "Goodbye Privacy" zeigt das Festival Ars Electronica die Gegensätze zwischen öffentlichem Zur-Schau-Stellen im Netz und Orwell'schem Überwachungsszenario. Der Pfarrplatz, die Kollegiumgasse und die Marienstraße in Linz werden zur "Second City".

Ich blogge, also bin ich. Portale wie "MySpace" und Privatpersonen, die ihren Alltag via Webcam PC-Nutzern in aller Welt zugänglich machen, lassen Grenzen zwischen virtuellen Spielereien und real existierenden Gegebenheiten zusehends verschwimmen. Wenn man so als Besucher in die Parallelwelt der "Second City" zwischen Pfarrplatz und Marienstraße eintaucht, tragen einen die Projekte der verschiedenen Künstler und Technologen auf Wellen, die sich nahtlos zwischen Faszination und Beängstigung bewegen.

Medien-Exhibitionismus

Ars-Leiter Gerfried Stocker nennt es "Medien-Exhibitionismus": Private Details wildfremder Personen werden leichter zugänglich als ein Blick in Nachbars videoüberwachten Garten. Die Industrie der privaten Entblößung geht einher mit dem Szenario des viel zitierten "Gläsernen Menschen".

"Intrigue_E" von Silver und Hanne Rivrud zum Beispiel lässt Personen als lebende, ferngesteuerte Avatare durch die Öffentlichkeit wandeln. Mittels Handy werden Menschen aus Fleisch und Blut so zu willenlosen Spielfiguren. Wie im Online-Spiel "Second Life" können Festivalbesucher auch ihren Nickname als gebastelte Kopfbedeckung durch die Öffentlichkeit tragen. Gletschern per Telefon beim Schmelzen zuzuhören, ist genauso möglich, wie eine kleine fliegende Überwachungskamera über die "Second City" zu schicken. Und in der Kollegiumgasse 3 kann sich jeder Frisuren aus dem Online-Spiel von (echten) Stylisten auf das eigene Haupt zaubern lassen.

Bis Dienstag wird einem die Möglichkeit geboten, virtuelle Realitäten und real erscheinende Spielereien zu erleben und auszuprobieren. Wenn nur nicht der Regen der Strand-Installation "Lido" am Pfarrplatz einen Strich durch die Rechnung macht.

Noch mehr Inhalte der Ars '07: www.nachrichten.at/kultur/ars

OÖnachrichten vom 07.09.2007
 
   



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