Salzburger Nachrichten am 23. Juni 2006 - Bereich: Kultur
Lifestyle im Museumsquartier

Vor genau fünf Jahren wurde nach langer Vorgeschichte das Museumsquartier eröffnet. Heute zählt das Kulturareal über drei Millionen Besucher pro Jahr.

Ernst P. StroblWien (SN). Mit dem vor fünf Jahren eröffneten Museumsquartier (MQ) verfügt Österreich über das größte Kulturareal der Welt, einzigartig in seiner Art der Kombination von Kunstraum, Naherholungsgebiet und künstlerischen Schaffensraum. Am Donnerstag zogen Bundesministerin Elisabeth Gehrer (ÖVP), Wiens Kulturstadtrat Andrea Mailath-Pokorny (SPÖ) und der Direktor des MQ, Wolfgang Waldner, in einem Pressegespräch eine Bilanz. Mit 3,2 Millionen Besuchern, die für 2006 erwartet werden, zählt das Museumsquartier neben Schönbrunn und Kunsthistorischem Museum zu den beliebtesten Kultur- und Freizeitdestinationen. Ein Drittel der Besucher besucht die Museen, vor allem Leopold-Museum und Mumok.

Bund und Stadt Wien haben 160 Millionen Euro in den Bau investiert, die Diskussionen um die Errichtung reichen bis ins Jahr 1977.

Ein kleiner Rückblick: Der damalige ÖVP-Kultursprecher Erhard Busek schlug 1977 der damaligen Wissenschaftsministerin Herta Firnberg den Messepalast als Standort für die Sammlung Ludwig vor. 88 Projekte wurden bei einem Wettbewerb 1987 eingereicht, als Preisträger wurden die Brüder Laurids und Manfred Ortner ermittelt. Bürgerinitiativen und Medienkampagnen erschwerten im Lauf der Jahre die Realisierung. Im Dezember 1997 fand der Spatenstich statt. Ein geplanter Leseturm wurde nicht realisiert. Im Februar 2001 eröffnete die Kunsthalle, im September 2001 wurde das Museum Moderner Kunst - Stiftung Ludwig (Mumok) und das Leopold Museum eröffnet, auch das Tanzquartier nahm seinen Betrieb auf.

Heute sind im 60.000 Quadratmeter großen Areal über 50 Kulturinstitutionen zu Hause. Mit dem "quartier21" wurde eine Trägerstruktur entwickelt, die vielen autonomen Initiativen Unterstützung bietet. Über ein "Artist in residence"-Programm wurde bisher über 100 Künstler aus 27 Ländern ein kreativer Aufenthalt ermöglicht.

Motivforscherin Sophie Karmasin stellte eine Studie vor, die auf Aussagen von 23 Experten in- und außerhalb der Institutionen fußt. Sie ergab eine überwiegend positive Beurteilung von Positionierung, Entwicklung und Publikumsakzeptanz des Areals, es wurden aber auch Defizite geortet.

Angeregt wurde eine Verbesserung des Miteinanders der Einrichtungen im MQ sowie eine deutlichere Signalisierung kultureller Inhalte. Zudem werden eine stärkere Positionierung des "quartier21" und mehr Möglichkeit für künstlerisches Schaffen am Areal selbst gewünscht. Direktor Waldner ist allerdings mit der Entwicklung des "quartier21" zufrieden: "Es war nie daran gedacht, hier Besuchermassen hineinzubringen." Es solle keine "übertrampelte Oase" werden. Hier herrschten Kunst und Kultur im Gegensatz zum Kommerz, der den Rathausplatz dominiere.

Wie das Museumsquartier im Jahr 2020 aussehen kann, wird derzeit in einem offenen Ideenwettbewerb untersucht. Die dabei gefundenen "visionären Entwürfe, Gestaltungsideen und Interventionen aller Art" sollen am 11. Juli präsentiert werden.

Vorläufig genießen die Besucher nicht nur die reichlich vorhandene Gastronomie, sondern auch den speziellen Flair des mit den rosa Sitzmöbeln von Anna Popelka und Georg Poduschka ausgestatteten Platzes. Die Stadt Wien sei durch das Museumsquartier zu einer Szene-Stadt geworden, erläutert Sophie Karmasin. Ministerin Gehrer sagte, sie sei stolz darauf, dass man seit 1999 mit gleich bleibendem Budget ausgekommen sei. In der nächsten Legislaturperiode wäre es an der Zeit, das Budget anzuheben.Information: www.mqw.at