Salzburger Nachrichten am 19. Mai 2006 - Bereich:
Bachler bedauert "kulturelles Waldsterben"

Mit einem Plädoyer für Freiheit der Kunst und geharnischter Kritik an vielen Facetten moderner Kulturvermarktung und -politik hat Burgtheaterdirektor Bachler am Donnerstagabend bei der Eröffnung des Feldkirch Festivals 2006 aufhorchen lassen. Theater-Sterben sei geistiges Baumsterben, pointierte Bachler und warnte: "Das kulturelle Waldsterben hat schon bedrohliche Ausmaße angenommen."

In seiner Eröffnungsrede zum Thema "Der Künstler in der Gesellschaft von Mozart bis heute" meinte der Burgtheaterdirektor und designierte Chef der Bayerischen Staatsoper München, Mozart habe als selbstbewusstes Genie und rebellischer Geist den Beruf des freien Künstlers etabliert. "Amadeus" habe eine neue Epoche mit dem Individuum im Zentrum eingeleitet und alles, was er der Welt zu sagen hatte, deutlich in seiner Musik gesagt.

Weniger zufrieden ist Bachler mit der exzessiven Mozart-Vermarktung, die es weltweit auf einen Jahresumsatz von rund fünf Mrd. Dollar bringe. Mozart sei vielfach zum "Spielball des Konsums", zur touristischen Marke geworden: "Das Bild ersetzt den Inhalt", folgerte Bachler.

Selbst der ORF kam nicht ohne Schelte davon. Die Sendungspolitik verabschiede sich im Kampf gegen Privatsender-Konkurrenz zusehends von echter Kultur-Berichterstattung. Das Medium meine immer mehr sich selbst und nicht den Inhalt: "Die Seitenblicke verstellen oft den Blick auf die Kultur", merkte der Burg-Chef an.

Auch auf die Versäumnisse der Kulturpolitik feuerte Bachler eine verbale Breitseite ab. Politik wie Medien würden sich unter Hinweis auf finanzielle Zwangslagen, Quoten und Publikumsinteresse zunehmend aus der Verantwortung für die Kunst stehlen. Aber: "Wir brauchen die Dichter, die Musik, denn ohne sie wird unsere Welt kälter, ärmer und dunkler."