Siebente Ausgabe der Viennafair mit gewohntem Blick von der Mitte Europas nach Südosten
Ein Hampelmann namens Beuys
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Christian Eisenberger hängt Joseph Beuys als Hampelmann an die Decke der Messehalle. Foto: Gal. Konzett
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Von Brigitte Borchhardt-Birbaumer
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Die Gleichung "Kunst = Kapital" wird hinterfragt.
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Ein "Diyalog" mit Künstlern aus der Türkei.
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Galerien setzen teilweise auf Klassiker der Neuen Kunst.
Wien.
Über der Architektur von Johannes Porsch, die sich beim Eingang und
seitlich als abweisender White Cube gibt, nach innen aber erstmals
offene Strukturen zeigt, schwebt ein großer Hampelmann: Vorderseitig
Joseph Beuys, gibt sich auf der Rückseite Christian Eisenberger als
Schöpfer dieser interaktiven Skulptur zu erkennen. Er gehört schon seit
Jahren zu den jungen Stars der Viennafair. Diesmal, auf der siebenten
Auflage der Kunstmesse, feiert der mit Peter Bäcker auch als Performer
Auftretende den 90. Geburtstag des legendären Kunstschamanen und hängt
ihn ironisch als "Deus ex machina" mit Schnur und eigener Kehrseite über
das Messetheater der Viennafair.
Darunter verkauft der Galerist Multiples wie den Schlitten oder das
Revolutionsplakat des Originals. Alt trifft Neu – das gilt für so
manchen Stand, aber auch für die Wiederbelebung von auf Panels
abgehandelten Fragen wie Feminismus, Kolonialismus und Peripherien nach
der künstlerischen Globalisierung.
Performances und Positionen der jungen Künstler
Mehrere Live Performances finden an den Ständen statt, doch fünf
werden am Freitag in der "PerformanceNite" die Bühnen der offenen Mitte
nützen für gesellschaftskritische Auftritte – nach der für die Messe
schmerzlichen Absage von Sanja Ivekoviæ bleiben Ana Hoffner, Jakob Lena
Knebl oder Ines Doujak. Die direkte Kunst bringt sich als aktualisierte
Position der jungen Künstler vermehrt ins Verkaufsalltagsleben, bleibt
zu hoffen, dass die alte Gleichung "Kunst=Kapital" von Beuys in dieser
Wiederkehr sozialkritischer Untersuchungen von Rahmenbedingungen nicht
untergeht.
Die Animationsarbeit an der Schwelle zwischen Skulptur und
Performance übernimmt ein zweites Mal nach 2010 Pawel Althamer, wenn er
täglich ab 14 Uhr mit Studenten der Akademien Bratislava, Warschau und
Wien mit Aktmodell Pinki für das Publikum vormacht, wie Kunst "nach der
Natur" entsteht. Die Natur selbst findet sich als fruchtbarer
Klettenmann von Lois Weinberger in einer Vitrine der Galerie Altnöder.
Er bleibt konkurrenzlos potent neben Positionen wie jenen der Kandls,
Oswald Oberhubers und Alois Mosbachers.
Ein Schritt weg von der reinen Verkaufsmesse
Die neue künstlerische Leitung der Messe, das Duo Hedwig Saxenhuber
und Georg Schöllhammer, geht neben den von der Erste-Bank geförderten
Ständen der Galerien aus dem Südosten noch einen Schritt weiter in
Distanz zur reinen Verkaufsmesse mit der Temporary Sales Zone: Hier
finden sich Initiativen, Vereine und Labors, oft mit
Bildschirmpräsentationen ihrer Arbeit mit Künstlern, die in Belgrad,
Prag, Sofia, aber auch Marokko und Ägypten, Georgien und Kirgisistan
noch von keiner Galerie vertreten werden. Die Sponsoren Departure und
Lenikus werden in dieser Entdeckerzone ein Atelierstipendium ausloben,
und die Galerien übernehmen den Verkauf.
"Diyalog" mit der Türkei bringt, dank OMV, Kunst aus dem durch die
"Biennal" boomenden Istanbul nach Wien. Vier wichtigen Galerien schließt
Francesca Habsburgs TB A21 mit Inci Eviners kritischer
Videoinstallation über Europas exotische Altträume vom Harem an. Neben
jungen Positionen fällt dabei natürlich die Galerie Rampa mit Nilbar
Güreº oder Ayºe Erkmen auf. Dana Charkasi und Hubert Winter konnten
diesmal den Galeriepreis der Arbeiterkammer absahnen – Winter mit
Schriftkonzepten von Altstar Lawrence Weiner.
"Alte Hasen" im Sinne Beuys’ finden sich auch bei Insam mit Peter
Weibel oder Gerhard Rühm bei Christine König, Jan Fabres
Skarabäenskulptur schillert bei Mauroner neben einem anamorphotischen
Smiley von Bruno Peinado. Auffallend Angelika Krinzingers Fotos bei
Schmidt oder Santiago Borja bei Caja Blanka aus Mexiko. Bei Vartai aus
Vilnius flattern die Magnetbänder von Zilvinas Kempinas – spannend, aber
sicher kein Verkaufshit.
Doch da die Preise sich kaum über dem Vorjahr bewegen und Stände wie
der von Georg Kargl (mit neuen Werken von Inés Lombardi) aufregend
ästhetisch oder schlicht trashig wie der Kartonverbau von Teapot
darbieten, bleibt auf den Biss der 350 angekündigten Sammler zu warten.
Die Viennafair findet bis 15. Mai auf der Messe Wien (1020, Messeplatz 1) statt. Im Web.: http://www.viennafair.at/
Printausgabe vom Donnerstag, 12. Mai 2011
Online seit: Mittwoch, 11. Mai 2011 18:57:00