Keith Haring setzte Bilder als Worte ein: Ausstellungsansicht mit
Sumi-Tusche-Zeichnungen in der Kunsthalle Wien
Eine Entwicklung vom Alphabet bis zur Bildsprache mit Pyramiden, Delfinen und Atomreaktoren.
Wien - Auch wenn das Apfel-Telefon noch lange nicht erfunden und ein Mobiltelefon zu Keith Harings Lebzeiten (1958-1990) noch groß und schwer wie ein Ziegelstein war, gibt es nun typische Haring-Hüllen und Beutelchen dafür: mit lachenden Delfinen, tanzenden Menschen und seinen berühmten krabbelnden Babys.
Die Merchandising-Maschine rollt auch zwanzig Jahre nach Harings Tod fröhlich weiter - wohl auch ganz im Sinne ihres Erfinders: Haring höchstpersönlich öffnete - von Freund und Förderer Andy Warhol bestärkt - 1986 in der Lafayette Street in Downtown Manhattan einen Laden, in dem seine Werke und Vervielfältigungen ganz nach dem demokratischen Motto "art is for everybody" verkauft wurden. Über und über war der Raum mit seinen schwarzweißen Abstraktionen und figürlichen Darstellungen übersät: Vom Poster über Buttons bis zum Kaffeehäferl gab es praktisch alles - und vor allem für jeden.
Merchandisingprodukte sind in Wien zwar an der Kassa zu finden, aber nicht in der Ausstellung, denn man wolle Haring nicht auf das Massenphänomen beschränken. Vielmehr, so Kunsthallen-Chef Gerald Matt, ginge es darum, den Pop-Artisten "wieder hinter der Vermarktung sichtbar zu machen".
Gastkuratorin Raphaela Platow, Direktorin des Contemporary Arts Center in Cincinatti, will die frühen, experimentellen, von Papierarbeiten und Videos dominierten Jahre (1978-1982) in Harings Schaffen beleuchten und "die Knicke und Falten in ihrem Gefüge" aufzeigen. Ein Unterfangen, das durchaus gelungen ist: Julia Gruen, Leiterin der Haring Foundation, ist glücklich, dass es der Schau gelungen ist, einige Mythen zu Keith Haring explodieren zu lassen: etwa jene, er habe naive Kunst gemacht oder sei Graffiti-Künstler gewesen.
Kunstschnipsel am Mistkübel
Insbesonders Harings Idee einer demokratischen Kunst wird plastisch: "Wenn sich das Publikum vor Kunst fürchtet, sollte uns dann das, was wir getan haben, um dem Publikum Angst vor Kunst zu machen, Angst machen? Das Publikum braucht Kunst, und es liegt in der Verantwortung der Künstler, nicht für einige wenige Bürgerliche Kunst zu machen."
In seinem allerersten Projekt im öffentlichen Raum klebte Haring Schnipsel seiner Malerei wie Fähnchen an Laternenmasten, wie zufällig pickten sie am Rand von Mistkübeln oder an New Yorker Haustoren. Und dort harrten die Fragmente darauf, entdeckt und gepflückt zu werden. Auch als Plakate und Flyer verschenkte er seine Kunst, die er quasi aus Fundstücken zusammengesetzt hatte: In seinen Collagen verknüpfte der sich für Literatur und Philosophie begeisternde Vielleser Worte seiner eigenen Texte mit Fragmenten aus Geschichtsbüchern oder Tageszeitungen; mit farbigen Stiften und - inzwischen vergilbtem - Klebeband stellte er Verbindungen und Rhythmen her. Der Ästhetik der Sprache huldigte er aber auch bei performativen Lesungen, wo einzelne Wörter, Silben und Buchstabenkombinationen artikuliert wurden.
Deutlich wird auch, wie konsequent und ernsthaft sich Haring seine Bildikonen, seine piktogrammartigen Bilder erarbeitet hat: In Notizheften finden sich seitenweise Tabellen, die Zahlen in an Hieroglyphen erinnernde Codes übersetzen. So erklärt sich auch die wunderbare Serie von 25 roten Gouachen, in denen Haring mit geometrischen Formen, angelehnt an das Alphabet, experimentierte. Die Ausstellung zeigt eine Entwicklung, die den Blick auf seine später tausendfach reproduzierten Icons auf den schwarzen Plakatflächen der New Yorker U-Bahn verändert. (Anne Katrin Feßler/ DER STANDARD, Printausgabe, 27.5.2010)
Bis 19. 9.
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