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13.12.2003 - Kultur&Medien / Kultur News | ![]() |
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Albertina: Sprungbrett, Landeplatz - für wen? | ![]() |
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Hotel-Stil, Bühnen-Dekor, Nouveau-Riche-Elemente - knapp verfehlt tut oft mehr weh, als weit daneben. | ![]() |
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Mit dem Abbau des Gerüsts unter dem Soravia Wing, wie das signal hafte
Flugdach von Hans Hollein vor dem Albertina-Eingang nach dem Namen des
ideellen Bauherrn genannt wird, findet die von der Direktion eingeforderte
eventistische Gestaltung der Foyer-Räumlichkeiten und des Vorbereichs auf
der Bastei ihren vorläufigen Abschluss. Da sowohl die Sammlung Leopold als
auch das Museum moderner Kunst im MQ mit einem Hocheingang aufwarten, war
es bloß natürlich, dass die entsprechenden Voraussetzungen bei der
Albertina als Chance genutzt wurden. Der kriegsbedingte Verlust des Philipp-Hofes durch
Bombardierung, in dessen Kellern seither einige hundert tragisch
Umgekommene - die Zahl ist unbekannt - ruhen, hat an dieser Stelle einen
Platzraum recht zufälligen Zuschnitts entstehen lassen, denn Friedhöfe
werden in Europa nicht überbaut. Auf die veränderte Situation wurde mit
der Verkürzung der Albrechtsrampe zur Albrechtsstiege sensibel
eingegangen. Im Abwärtsschreiten bietet sich ein Überblick auf den
städtischen Freiraum, in den man soeben eintaucht. Auf der Rampe wäre man
erst sehr weit hinten auf Platzniveau angelangt. Nun ist eine über sechs Meter breite und zwei lange Läufe hohe Stiege ein zeitlos-monumentales städtebauliches Element. Das Reiterstandbild ist in seiner Bedeutung dagegen verblasst. Nach dem Selbstverständnis des Museums-Managements musste jedoch ein neues Zeichen her, das auf den neu-alten Eingang hinweist. Das Zeichen des auskragenden Vordachs, abgeleitet vom Baldachin, ist bei Hotels üblich. Sein Gegenstück auf dem Boden wäre der rote Teppich. Allerdings muss das Dach sehr weit auskragen, damit es wahrgenommen wird. Keine Frage, es ist technisch möglich, doch gerät es in gefährliche Nähe zur Kraftmeierei. Es ist - im übertragenen Sinne - ein sehr lautes Zeichen, eben Event-Architektur, wie sie seit einem Jahrzehnt dazu dient, kurzfristig Aufsehen zu wecken. Was Wunder, dass dafür verwendete Adjektive aus dem
Vokabular für sexuelle Erregtheit stammen. Das hat aber mit Architektur
wenig zu tun. Denn die Achillesferse der Event-Architektur ist ihr
schneller Bedeutungsverschleiß. Sie dient nicht selten nur als
Bühnen-Dekor für eine nicht satt werdende, ständig nach Neuem gierende
Festgesellschaft, die ihre Vorlieben von gestern bereits heute schon
verabscheut. Zurückhaltende Zeichen werden in der Regel weniger rasch
ersetzt. Eigentlich dient die primäre Funktion des Daches ja dem
Schutz der Rolltreppe vor der Witterung. Das freut die Facility-Manager,
denn Rolltreppen sind aufwendig im Unterhalt. Aber auch bedeutungsmäßig
gehören Rolltreppe und Dach zusammen, denn die Rolltreppe soll auch
Zeichen sein und einladen, hinauf zu fahren. Wirklich notwendig ist sie
nicht, denn für Gehbehinderte und ältere Menschen ist der Aufzug
angenehmer. Was ihre Leistungsfähigkeit angeht, kann sie sich mit der
sechs Meter breiten Albrechtsstiege nicht messen, jenem städtebaulichen
Element, das typologisch und historisch viel tiefer wurzelt. Das Nebeneinander erhält daher etwas Aufgesetztes,
Überflüssiges. Ist es also Luxus? Dafür sind die üblichen Umfelder von
Rolltreppen: Warenhaus, U-Bahnaufgänge usw. wohl doch nicht die richtigen
Bedeutungsverstärker. Und für jene große Zahl Benutzer, die körperlich
dazu in der Lage sind, ist das Beschreiten einer Treppe im urbanen Raum,
wie dies die Albrechtstiege ist, eine Chance, die Überwindung des
Nievauunterschiedes auszukosten, zu genießen. Man denke etwa an die
Strudlhof- oder die Fillgraderstiege. Ist eine Rolltreppe für flanierende
Touristen dann nicht die falsche Einladung? Problematisch ist zudem die
Zerteilung des Platzraumes auf der Bastei vor dem Palais. Hier wurde die
historische Komposition von Denkmal, Platzraum und darauf bezogener
Hauptfassade dem Event vor dem Eingang geopfert. Doch der gestalterische Eventismus zieht sich weiter ins
Gebäude hinein: Der Travertin, der als Bodenbelag den als zu bieder
abgelehnten grauen Kehlheimer Platten vorgezogen wurde, passt beim
Windfang und im glasüberdeckten Hof haarscharf nicht zu der vom Denkmalamt
festgelegten Putzfarbe. Sortierter und geschliffener Solnhofer Schiefer -
aus Kehlheim mit dem Schiff -, wie er zur Säulenganghalle von Josef
Kornhäusel richtigerweise gehört hätte, wäre, auf allen Böden eingesetzt,
besser gewesen. Dafür erinnert der im hinteren Teil verwendete
Carrara-Marmor leider fatal an ein Nouveau-Riche-Bad, immerhin, zu den
Toiletten ist es von dort nicht weit. Während der Shop von Calam Lumbsten der architektonischen
Struktur entsprechend eingerichtet wurde - vom auffällig kontrastierenden
Bodenbelag abgesehen -, könnte das Museumscafé von Arkan Zetinoglu sich
überall, auch auf einem Flughafen befinden. Ironischerweise wird am
rahmenartigen Sechziger-Jahre-Retro-Design-Barmöbel erreicht, dass der
grob gemusterte türkische Marmor wie aufgeklebte Kunststoffbeschichtung
wirkt. Und die Verwendung des gleichen Steins für Boden wie Barmöbel
verwischt deren Unterschied. Farblich liegen das dunkle Holz der Wand und
der Marmor wieder zu nahe beisammen. Knapp verfehlt tut oft mehr weh, als
weit daneben. Irritierende eventistische Hinzufügungen beim Umbau der Albertina. Die
Achillesferse dieser Art von Architektur ist ihr rascher
Bedeutungs-Verschleiß. Rolltreppen wie im Warenhaus, der Raum auf der
Bastei wurde zerteilt. [Foto: Fabry] |
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