Salzburger Nachrichten am 24. Mai 2006 - Bereich: Kultur
Cybersex im Schneckentempo

"Trendbarometer der Medienkunstwelt": Die Preisträger des "Prix Ars Electronica" stehen fest

SALZBURG, LINZ (SN-pac). Macht der technische Fortschritt das Leben besser? "Der Traum, unsere Gesellschaften mittels digitaler Technologien demokratischer und gerechter zu machen, ist längst der Realität einer immer breiteren Kommerzialisierung gewichen", antwortet Gerfried Stocker, künstlerischer Leiter des Linzer Ars Elecronica Center, auf solche Fragen.

"Medienkünstler halten dagegen, hinterfragen Althergebrachtes und entwickeln kreative Ideen zur Stärkung des Einzelnen." Im gesellschaftlichen und politischen Engagement von Künstlern sehen Stocker und Christine Schöpf den Haupttrend bei den Einreichungen für den diesjährigen Medienkunstpreis "Prix Ars Electronica". In einem Pressegespräch stellten die beiden Direktoren des Bewerbs am Dienstag in Linz die Empfänger der "Goldenen Nicas" vor.

Eine "einfache und doch ungewöhnliche Geschichte mit überraschender Pointe" hätten Ilija Brunck, Tom Weber und Jan Blitzer von der Filmakademie Baden-Württemberg vorgelegt. Ihre Animation "458nm" um das verunglückte Liebesspiel zweier Computerschnecken siegte in der Kategorie "Computeranimation/Visual Effects". Die Zusammenhänge zwischen Elektrizität und Demokratie thematisiert Paul DeMarinis in seinem Projekt "The Messenger" - die Jury sprach ihm dafür die Goldene Nica für "Interaktive Kunst" zu. Eliane Radigue erhält die Nica in der Sparte "Digital Musics" für ihr Werk "L'île re-sonante", in der Kategorie "Net Vision" überzeugte die Gruppe exonemo die Jury mit dem Origami-Projekt "Road Movie".

Mobiltechnologie gepaart mit Digitalfotografie stellt das Projekt canal*ACCESSIBLE in den Dienst von Menschen im Rollstuhl und wurde dafür mit dem Preis in der Sparte "Digital Communities" belohnt. Den Jugendwettbewerb u19 entschieden David und Magdalena Wurm, Ehrentraud Hager und Alex Niederklampfer mit dem Projekt "Abenteuer Arbeitsweg" für sich.

Mit je 10.000 Euro sind die "großen" Nicas dotiert, mit 5000 Euro der u19-Preis. Das Gesamtpreisgeld in der Höhe von 117.500 Euro wurde weiters auf zwölf Auszeichnungen, zwei Sachpreise und ein Stipendium verteilt. 3177 Projekte von 4747 Teilnehmern aus 71 Ländern sind für den "Prix Ars Electronica" eingereicht worden. In den Siegerprojekten sehen die Veranstalter "die Rolle des Wettbewerbs als Trendbarometer der internationalen Medienkunstwelt" bestätigt.