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„Edopolis“: Die Kunst, ein Huhn zu bekleiden

06.05.2009 | 18:22 | THOMAS KRAMAR (Die Presse)

Die Werkschau „Edopolis“ zeigt arge Aktionen und anmutige Ausflüge von Edgar Honetschläger. Kunsthalle Krems, bis 14.Juni, täglich 10 bis 18 Uhr.

Kein Huhn hat bisher vernehmlich das Bedürfnis geäußert, bekleidet zu werden, und auch die betreuenden Bauern haben dazu noch keine Anstalten gemacht. Macht nichts: Marktlücken sind zum Schließen da, Bedürfnisse zum Wecken. In diesem Sinn startete der oberösterreichische Künstler Edgar Honetschläger bei der Weltausstellung „Expo 2005“ in Nagoya, Japan eine Kampagne namens „Chickens Suit“.

Eine betont österreichische Kampagne natürlich: Das Anliegen, die Hühner praktisch und zugleich modisch einzukleiden, wurde mit Heimatwerbung verbunden. Man sah das bekleidete Huhn (das, vielleicht nicht ganz astrein österreichisch, Heidi heißt) in touristischer Umgebung – Sängerknaben, Wiener U-Bahn, Café Drechsler, Riesenrad –, man hörte dazu Mozart's Greatest Hits, darunter passenderweise auch Papagenos Vorstellung als Vogelfänger. Slogan der Aktion: „Schluss mit Dadaismus. Es lebe der Gagaismus.“

Die Dokumentation dieser feinen Narretei ist ein Teil der Werkschau in der Kremser Kunsthalle. Sie heißt „Edopolis“, das spielt wohl auch auf eine typische Rolle an, die Honetschläger in seinen Arbeiten (und, das legt die Biografie nahe, auch im Leben) einnimmt: die des Großstadtreisenden mit offenem, staunendem Blick. In diesem Sinn ist der herzige Wasserkobold Kappa-kun sein Alter Ego: ein querköpfiges, im kunstvoll ungeschicktem Comic-Stil gezeichnetes „Landei“, das in die Großstadt kommt und dort u.a. auf die Hochhäuser klettert, zwischen den Drähten seinen Regenschirm aufspannt (wie Honetschläger selbst in einem anderen Video) und schließlich fliegen lernt. Moral: Die Leute sagen zwar, dass die Stadt einen verderbe, aber das stimmt gar nicht, Stadtluft macht frei!

Frei zum Abenteuer: In anderen Werken trifft Honetschläger in Palermo den Geheimrat Goethe („Il mare e la torta“), fährt mit Madame Tschang Kai-schek durch Peking („Beijing Holiday“), lädt drei Frauen ins Chelsea Hotel, um ihnen eine (der Frisur einer Vorgängerin nachempfundene) Perücke aufzusetzen und mit ihnen zu schlafen („The Scent of Snow“).

Auf rätselhaftere Weise befasst sich „The Audience“ mit dem Abenteuer Großstadt, zugleich mit der Überwindung der Natur und der Zentralperspektive. Auf einer der Wandtafeln sieht man eine Straße in der Ferne verschwinden, auf einer anderen ein Flugzeug in seine Teile zerfallen. Dazu krümelt die Musik Peter Ablingers vor sich hin, und wir lesen: „Man braucht nicht mehr auf das Jenseits warten. Ewigkeit ist jetzt.“

 

Das minimale „Road movie“

Ein in der Popkultur bis zur Verkitschung allgegenwärtiges Stück Ewigkeit, nämlich die amerikanische Autobahn, hat Honetschläger auf schlichte Art festgehalten: als Plastik. Ein Auto, zwei Masten, eine Hochspannungsleitung, und fertig ist das „Road movie“. Dagegen auffällig unsubtil ist eine zweite Arbeit zum Thema Amerika: In „Enduring Freedom“ wird Amerika von einem dicken Mann (Erwin Steinhauer) verkörpert, der von Gelsen (= Terroristen) um seinen Schlaf gebracht wird. Mit dem Staubsauger wird er ihrer nicht Herr, sondern erst mit einer leichteren Waffe, der „New York Times“. Da würde dem Wasserkobold doch eine bessere Pointe einfallen!

Kunsthalle Krems, bis 14.Juni, täglich 10 bis 18 Uhr.


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