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OÖ LANDESGALERIE: Repräsentative
Werkschau über Franz Sedlacek
Beunruhigende Mischwesen
Ein vollbusiges Weib räkelt sich brünstig in einem
Meer von geilem Gewürm. Den Mund zum Schrei zwischen Schmerz und
Lust halb geöffnet. Auf einem Felsvorsprung dicht daneben sitzt ein
unschuldiges Mägdlein. Schaut in einer Mischung aus Angst und
Neugier hinunter in das heiße Schlangengeflecht. "Der Pfuhl" heißt
diese frappierend detailgenaue Federzeichnung aus dem Jahr 1915.
Gefertigt hat sie Franz Sedlacek, ein Chemiker, der sich neben
seinem Beruf als Autodidakt in die Riege der bedeutendsten
österreichischen Künstler der Zwischenkriegszeit hinaufgearbeitet
hat.
Ihm ist bis 6. Jänner eine Werkschau im ersten Stock
der OÖ. Landesgalerie gewidmet, die Gabriele Spindler, Assitentin
des Landesgaleriechefs Martin Hochleitner, zusammengestellt hat.
Sämtliche Ölgemälde, die in österreichischen Sammlungen zu finden
sind, sowie eine Reihe von Grafiken repräsentieren sowohl das
großartige technische Können, als auch den Witz des Künstlers.
Beispiele aus der hauseigenen Sammlung finden sich da ebenso, wie
Exquisites (etwa die "Übungswiese") aus den Beständen der Neuen
Galerie und dem Stadtmuseum Nordico ("Phantasiefiguren").
Hintergründiger Humor
1891 wurde Franz
Sedlacek in Breslau geboren und übersiedelte mit seiner aus
Österreich stammenden Familie im Alter von sechs Jahren nach Linz.
Hier lebte er bis zu seinem Studium an der Technischen Universität
Wien und der anschließenden Arbeit als Kustos der Chemieabteilung im
Wiener Technischen Museum. Sedlacek blieb der oö. Landeshauptstadt
zeitlebens verbunden. Auch hatte der im Zweiten Weltkrieg um 1945
verschollene Künstler 1912 seine erste Ausstellung im Kunstverein
Linz und war 1913 neben Klemens und Franz Brosch, Anton Lutz, Hans
Pollack und Heinz Bitzan Gründungsmitglied der Künstlervereinigung
MAERZ.
Die Nähe zu Klemens Brosch lässt sich anhand der in
der Landesgalerie gezeigten Zeichnungen ganz leicht erkennen:
apokalyptische Traumthemen, in feinster Zeichentechnik ausgeführt.
Wobei sich Franz Sedlacek schnell als Karikaturist im renommierten
Münchner "Simplicissimus" und in der Wiener Zeitschrift "Die
Muskete" einen Namen machte. Sein hintergründiger schwarzer Humor
zieht sich auch durch die Gemälde, die in einer eigenwilligen
Mischung aus Irrealem, Surrealem, dann wieder an Breughel
erinnerndem Malstil irritieren. Überwältigend pointiert auch sein
"Apotheker", oder "Winter in der Stadt", ein Bild, das - fast naiv
gemalt - doch perfide versteckt monochrome Farbflächen als Zitat auf
die Moderne verbirgt.
Bemerkenswert ist zudem der Katalog.
Er enthält nämlich neben dem sowohl anschaulich als auch informativ
geschriebenen Beitrag Gabriele Spindlers eine ausgesprochen
interessante Abhandlung des Restaurators Andreas Strohammer zur
Maltechnik Sedlaceks (180 Schilling, Verlag Bibliothek der Provinz).
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