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derStandard.at | Wissenschaft | Welt | Forschung Spezial 
22. August 2004
23:03 MESZ
Zwischen einst und jetzt
EU will Kulturerbe digital vernetzen

Als am 25. April 1952 die neue Pummerin von der Glockengießerei St. Florian über Linz zum wiederaufgebauten Stephansdom nach Wien überführt wurde, waren über eine Million Schaulustige live dabei. Bildlich festgehalten wurde das Großereignis vom United States Information Service (USIS). Über das BRICKS-Netzwerk könnten die Zaungäste von damals nun bald auf sich selbst stoßen.

BRICKS steht für Building Resources for Integrated Cultural Knowledge Services und ist ein 12,2 Millionen Euro schweres Projekt im sechsten Rahmenprogramm der EU. Das europäische Kulturerbe soll in einer digitalen, multimedialen Bibliothek vernetzt werden. Zur Umsetzung haben sich 24 Organisationen aus neun Ländern zusammengeschlossen. Die technische Leitung liegt beim deutschen Fraunhofer Institut für Integrierte Publikations- und Informationssysteme IPSI. Auch die Österreichische Nationalbibliothek und das Schloss Schönbrunn sind vertreten. Das Researchstudio Digital Memory Engineering (DME) arbeitet an der europaweiten Softwareinfrastruktur.

Jede kulturelle Einrichtung hat im Laufe der Zeit indivi- duelle IT-Strukturen aufgebaut. Beispielsweise hat jedes Archiv sein eigenes Klassifikationssystem. Das macht allein eine Suchfunktion über alle Bestände zur Herausforderung. "Bereits existierende Lösungen müssen sehr geschickt zusammengeschlossen werden", beschreibt Wolfgang Klas, Leiter des DME, die technologische Aufgabe.

Das Bildarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek hat erst im Juni 50.000 Bilder aus seinen Beständen online gestellt und will sein USIS-Archiv in das BRICKS-Netzwerk integrieren - etwa 15.000 Bilder Alltags-, Politik- und Wirtschaftsgeschichte aus den Jahren 1945 bis 1955. Das Studio Digital Memory Engineering ist an der Entwicklung der Software beteiligt, mit der Surfende die Bilder kommentieren können. Das Bildarchiv hofft so auf eine Erweiterung seines Quellenmaterials. Eine entsprechende Anwendung soll User, die sich, Verwandte oder Bekannte erkennen, anregen, ihre Identität preiszugeben. So könnten zumindest ein paar der Gesichter neben der Pummerin einen Namen bekommen.

Das Projektvolumen umfasst für die österreichischen Partner etwa 1,7 Millionen Euro. Die EU zahlt etwa 50 Prozent. (gröm/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 23. 8. 2004)


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