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derStandard.at | Kultur | Bildende Kunst | Aufregung um Muehl 
02.03.2004
19:57 MEZ
Peter Noever zur Kritik an Muehl-Schau
"Dem MAK ein Schielen nach Quote vorzuwerfen ist grotesk"

Wien - Warum gerade jetzt diese Ausstellung? Ist das nicht ein Schielen auf die Quote, wo doch klar abzusehen war, dass es ohne öffentliche Erregung nicht abgehen würde, wenn Otto Muehl mit einer Retrospektive bedacht wird? Peter Noever, Direktor des Wiener Museums für angewandte Kunst, sieht sich mit derartigen Vorwürfen konfrontiert und weist sie empört zurück: "Dem MAK ein Schielen nach Quote vorzuwerfen ist grotesk. Blockbuster-Ausstellungen machen andere. Die Otto-Muehl-Schau ergibt sich logisch aus der langjährigen Arbeit des MAK über den Aktionismus."

Eine der ersten von ihm initiierten Ausstellungen, sagt Noever, war 1987 Alfons Schillings Sehmaschinen gewidmet gewesen, 1989 folgte Aktionsmalerei - Aktionismus. Wien 1960-1965 in deren Rahmen es zur Uraufführung von Hermann Nitschs 8. Symphonie kam. Danach kam mit out of actions in Zusammenarbeit mit dem Museum of Contemporary Art die Aufarbeitung internationaler Positionen in Aktionismus, Body Art und Performance. 1998 setzte er den Schwerpunkt mit Otto Muehl 7, einer Präsentation der Bilder aus Muehls Zeit im Gefängnis fort.

Nun geht es darum zu zeigen, dass "die Beschäftigung mit Malerei Muehls gesamtes Schaffen durchzieht, das Tafelbild zunächst zerstört, später aber immer wieder neu aufgegriffen und formuliert wird".

Darüber hinaus, betont Noever, ist Muehl ein wesentlicher Faktor der Österreichischen Kunstgeschichte, was eine Retrospektive allemal rechtfertigt. Vor allem geht es darum, Information zu vermitteln. "Die Kenntnis des Künstlerischen Gesamtwerks von Otto Muehl ist die Voraussetzung, um überhaupt eine kultivierte Diskussion über seine Kunst führen zu können." Zu Vorwürfen, das MAK würde die Kunst eines Kriminellen ausstellen und damit dessen Taten rechtfertigen, sagt Noever: "Wir sind kein Ersatztribunal, keine Ersatzgerichtsbarkeit, dafür sind andere zuständig. Im Mittelpunkt der Ausstellung steht das Schaffen von Otto Muehl, nicht die Person und auch nicht die Kommune, auch wenn dies nicht immer strikt voneinander getrennt werden kann."

Und Noever weiter: "Wir haben versucht, mit dem größten Respekt und Anstand dieses Projekt zu verwirklichen, aber es ist nicht der Ort, wo wir die Kommune aufarbeiten können." (mm/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 3. 3. 2004)


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