Tendenzen und Traditionen

"Kapital & Karma. Aktuelle Positionen indischer Kunst" zeigt die Kunsthalle Wien von 29.3.-9.6. im Museumsquartier.


Der Ausstellungstitel markiert die beiden Pole, zwischen denen die indische Gesellschaft und auch ihre Kunst sich gegenwärtig bewegt, sowohl was die Wahl des Mediums als auch die Inhalte betrifft. Obwohl Indien etwa auf dem Wirtschaftssektor mittlerweile zu den wichtigsten Hightech-Mächten zählt, ist die Kunst zu 98 Prozent noch dem traditionellen Medium der Malerei verpflichtet, wobei ironisch-kritische Standpunkte sich neben einem überraschend eher ungebrochenen Verhältnis zur Tradition finden.

Rundgang

In der Kunsthalle sind aber auch Installationen, Foto-, Video- und marginal verbreitete digitale Kunst vertreten. Die sozio-ökonomischen Veränderungen werden dabei häufig im Aufeinandertreffen indischer und westliche Symbole oder Motive reflektiert.

Baiju Parthan
Baiju Parthan

Brahma's Homepage

Die interaktive Cyber-Station des Multimediakünstler Baiju Parthan transformiert traditionelle Orakel zu Computerspielen. Atul Dodiyas Triptychon "Tomb's Day" zeigt in fotorealistischer Manier unter anderem das Ehepaar Putin und Bill Clinton mit Tochter Chelsea als Touristen vor dem Taj Mahal.

Subodh Gupta
Subodh Gupta

Subodh Gupta mutiert in seinem rückwärts ablaufenden Video "Pure" unter der Dusche zu einer mit dem Dung heiliger Kühe bedeckten Skulptur. Ein Handbuch mit Radierungen, "Public Transport Defence Devices", gibt Tipps für das Verhalten in zivilisations-spezifischen Krisensituationen, etwa in der U-Bahn zur Stoßverkehrszeit. Das kritische oder ironische Potenzial vieler Arbeiten ist freilich für den westlich geschulten Kunstbetrachter nicht immer auf den ersten Blick zu erkennen.

Weibliche Positionen

Sonia Khurana
Sonia Khurana
Sonia Khurana zeigt eine Videoinstallation, in der sie nackt mit ihrem massiven Körper auftritt, sie hat dieses Video in einer für sie sicheren Kunstgalerie gezeigt. In einer von der rechten BJP kontrollierten Staatsgalerie wäre sie für diese provokante Arbeit wohl gelyncht worden, meint sie sarkastisch.

Frauen finden nicht nur im indischen Film, etwa mit Mira Nair oder Deet Mehta verstärkt Beachtung, sondern auch in der bildenden Kunst. Sie wollen ihre Unabhängigkeit und Selbstständigkeit gegen alle Bestrebungen des neuen moslemischen oder hinduistischen Fundamentalismus bewahren.

Vivian Sundaram
Vivian Sundaram

Umfangreiches Begleitprogramm

Im Verlag Hatje Cantz ist ein umfangreicher zweisprachiger Katalog (240 Seiten, 99 Abb., 28 Euro) erschienen. Außerdem finden im Rahmen eines Begleitprogramms ein Ausstellungsgespräch mit zwei teilnehmenden Künstlern (Freitag, 29. März, 18 Uhr), thematische Rundgänge (jeweils Samstag um 16 Uhr) zu Themen wie "Stadt-Leben. Indischer Lebensraum und zeitgenössische Kunst" oder "Universalistische Strategien zeitgenössischer Kunst in Indien" und eine Reihe "Film und Diskussion" statt. Von 26. bis 28. April wird ein Symposium und Workshop zum Thema "Kapital & Karma - Indische Dialoge mit Europa" abgehalten.

Link: Kunsthalle Wien

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