Nadim Vardag zeigt im Augarten Contemporary "Zoetrop" (Videostill).
Wien - Das Ein- und Ausblenden von Bildern ist ein Verfahren, das Nadim Vardag schon in früheren Arbeiten angewendet hat. In einer Videoarbeit etwa, die den Himmel während der Abend- und Morgendämmerung zeigt. In kaum wahrnehmbaren Verläufen verändert sich das Video von hellen Grautönen ins Schwarze und zurück.
In der Ausstellung, die der Preisträger des Boston Consulting & Belvedere Contemporary Art Award 2009 für den Augarten Contemporary konzipierte, taucht dieses Einblenden in einem übergeordneten Rahmen auf - dem Verlauf der vier Ausstellungsräume entsprechend, die nur in eine Richtung begehbar sind, hat der Künstler für die Betrachter ebenfalls einen feinen Übergang vom Hellen ins Dunkel kreiert. Schön langsam, aber effektvoll wird das Auge dort an ein Mehr an sich bewegenden Bildern gewöhnt, wobei das Ganze im letzten, eigentlich dunkelsten Raum kulminiert.
Um die Wahrnehmung der Betrachter zunächst zu schärfen, ist im ersten Raum auf den ersten Blick fast gar nichts zu sehen. Vardag hat dort eine riesige Wandkonstruktion in die Architektur eingepasst und mit weißem Leinen überzogen.
Einem riesigen Paravent oder eben einer Leinwand ähnlich, ist die Spezialkonstruktion hinter dem halbtransparenten Stoff zwar noch sichtbar; um zu sehen, dass Vardag dafür 72 Gestelle der berühmten Eiermann-Tische verwendet hat, müsste man jedoch hinter die Wand.
Indem Vardag diesen "Rundumblick" hier allerdings noch verwehrt, wird die Aufmerksamkeit stärker auf jene Spuren gelenkt, die die letzte Ausstellung hinterließ. Es handelt sich um gelbe Ränder und weiße Flecken, die man an den Wänden kaum wahrnehmen würde, wüsste man nicht, dass der Künstler ansonsten sehr präzise arbeitet.
In abgerissenen Plakaten, zerlegten Wandeinbauten und weiß bemalten Projektionsflächen zeigen sich Überbleibsel der Bildträger der letzten Präsentation auch in den anderen Räumen, in denen sie nicht zuletzt auf die architektonischen Veränderungen verweisen, die der Einzug des "Kinos" in die Ausstellung ausgelöst hat.
Am deutlichsten sichtbar sind diese im letzten Raum, in dem Stroboskoplicht die Flächen aufblitzen lässt, die der Projektion von Dias und Videos dienten. Bis man so weit ist, wurden die Wahrnehmungsformen des Kinos aber schon mehrfach seziert und beleuchtet. Unter anderem in Form eines Rollladens, den der Künstler in eine Leinwand umfunktionierte. Oder mit einer Zeichnung, die auf einen Vorläufer des Kinos verweist. Nur mit wenigen Linien werden die Funktionsmechanismen des Zoetropen skizziert, den man im 19. Jahrhundert für Bewegungsstudien bei Vögeln verwendet hat. In einem Videoloop dreht Vardag die mit dem Gerät erzeugte optische Täuschung um und lässt anstelle der Trommel, die beim Zoetropen Standbilder in Bewegung versetzt, wieder den Vogel selbst fliegen. (Christa Benzer / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 12.11.2010)
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