Die 41. Auflage der Art Basel gibt sich ganz so, als wäre nie etwas gewesen.
Basel 2010, Stimmung gut bis euphorisch, Euro, Dollar und Rubel rollen fröhlich von einer Börse zur anderen: Die 41. Auflage der Art Basel gibt sich ganz so, als wäre nie etwas gewesen. Die Verunsicherung des letzten Jahres ist der Freude gewichen, in halbwegs sichere Werte zu investieren - in Kunst, die institutionell schon derart gestützt ist, dass größere Abstürze eher unwahrscheinlich erscheinen. Auf Hochglanz gepimpte Shootingstarware fehlt, geht aber keinem ab.
Und wer es in einem anderen als dem Kontext "Handel" haben will, der kann ja zur Berlin-Biennale fahren, dem subventionierten Gegenentwurf zu Basel.
Gleich zur Eröffnung wurde in der unteren, der den "Klassikern" vorbehaltenen Halle ein 15-Millionen-Picasso abgesetzt, und oben, in der Zeitgenossenetage, verriet vieler Händler leicht ungezügeltes Lächeln, dass dem üblichen "Wir haben jetzt schon gut verkauft!" ein Wahrheitsgehalt nicht abzusprechen ist.
Basel, die angeblich qualitätsvollste Messe der Welt, jedenfalls die mit Abstand teuerste, rechnet sich wieder. Allein die 71 Aussteller aus den Vereinigten Staaten können nicht irren. Und auch das nur mehr acht Galerien zählende, im Vergleich zu den späten 1980er- und frühen 1990er-Jahren also schwache Österreicheraufgebot, schien schon in den Anfangstagen hochzufrieden: Kargl, Krinzinger, Schwarzwälder, Ropac: Freunde in der Entspannung.
Den idealerweise sammelnden der auch heuer wieder erwarteten 60.000 Besucher empfängt jenes Durcheinander, das eben entsteht, wenn sich 300 Galeristen jeweils überlegen, was wohl der umsatzträchtigste Querschnitt durch ihr Programm sein könnte. Videos oder Installatives dienen da bestenfalls als Eye-Catcher bzw. stimulierendes Flimmern und Rumoren im Hintergrund.
Worum es geht, ist Flachware oder massiv Dreidimensionales: Papier, Leinwand, Stein, Bronze, Aluminiumguss - wenn möglich, groß, mächtig und mit der Botschaft "wertbeständig" bewehrt. Ai Weiwei ist von den Chinesen geblieben - er erprobt jetzt den Effekt, Industriegerüste in zartem Porzellan samt über die Jahrhunderte bewährtem Ornament herstellen zu lassen.
Kunst ohne Grenzen
Urs Fischer, Zürcher Künstler mit dem Talent zur aufgelegten Ironie, ließ diesmal von brachialer Hand gequetschte Tonklumpen, um ein x-faches vergrößert, in Aluminium zu mächtigen Steh- und Hängeplastiken mutieren und via "Art Unlimited" , der Sonderschau für Formate, die die üblichen Messekobel sprengen, durch die Galerie Eva Presenhuber vermarkten.
Ebenfalls im Rahmen der prestigeträchtigen Sonderschau vertreten: Ursula Krinzinger, die in Kooperation mit ihrem Berliner Kollegen Christian Nagel eine Installation Kader Attias realisieren konnte. Der Franzose algerischer Abstammung lässt die Illusion der Kaaba aus einer Wüste von Couscous entstehen.
Die Besinnung des Marktes auf noch Aufzuwertendes spiegelt etwa eine Installation des Medienkunstveteranen Otto Piene wider. Die Mönchengladbacher Galerie Löhrl bemüht sich um das Lebenswerk des 1928 geborenen Deutschen.
Aber auch jüngere, über viele Jahre wenig populäre Positionen tauchen plötzlich wieder auf: So ist etwa Richard Tuttle, Zeichner und Objektkünstler, der in den 1970er- und 1980er-Jahren Höhepunkte an Wertschätzung erfahren hat, in Basel bei gleich zwölf Galerien vertreten. Und: Die Arte povera hat es endgültig in den Rang einer sicheren, konservativen Anlageform gebracht.
Zumindest auf dem Weg dorthin scheint auch Heimo Zobernig zu sein: Sein Black Cube, ein 64 Kubikmeter Raum einnehmendes Inflatable dominiert den Baseler Messeplatz. Und gleich sieben Galerien, von Aizpuru (Madrid) über Crousel (Paris) und Grässlin (Frankfurt) zu Nagel (Berlin) und Petzel (New York) verstehen sich als Vertreter des Österreichers.
Wem das trotz allem zu unsicher erscheint, der kann in Basel selbstverständlich auch gute alte Flachware erstehen: Derain oder Matisse bei Gmurzynska (Zürich), Oskar Kokoschkas Porträt von Anton von Webern bei Marlborough (Zürich, London) oder schlicht einen Warhol bei Bischofberger - für so manchen Sammler ein "Must" beim alljährlichen Baselbesuch.
Großes im Abseits
Newcomer auszumachen, dafür ist Basel ein wenig geeigneter Ort. Kommende Klassiker aber lassen sich annähernd unverschämt günstig erwerben: Georg Kargel zeigt Ölkreidearbeiten auf Papier von Max Peintner. Bei ihrem Preis - unter 20.000 Euro - dürfte aber manche Anleger, die fesch aufgeputzt durch die Messepreview stolzieren, der Mut verlassen. Beträge wie diese wechseln eher bei Damen- wie Herrenausstattern von Marke die Börse denn bei Kunst aus dem Jenseits des Kanons.
Im Jenseits des Eröffnungsauftriebes bot die Sektion "Art Feature" Erholung vom Durcheinander: Barbara Wien und Wilma Lukatsch widmeten dem Zeichner und Autor Tomas Schmit (1943- 2006) und der jungen Schwedin Nina Canell einen der schönsten Stände der Messe. (Markus Mittringer, DER STANDARD/Printausgabe 19.6./20.6.2010)
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Irre ich mich, oder ist in dem ganzen Artikel wieder mal nur von männlichen Künstlern die Rede ( mit einer am Rande bzw. Ende erwähnten Ausnahme? Ist noch nicht mal in den Köpfen der Journalisten angekommen, dass es auch gute Künstlerinnen gibt. Traurig!!
um es im jargon des autors zu vermuten. ich faende es hingegen interessant zu wissen, ob erwaehnte "Flachware" tatsaechlich grafik, aquarell oder oel ist, ob es sich ausserdem um "marktfrische" ware aus einer privatsammlung handelt oder um vor kurzem erstandenes auktionsgut. bisweilen taeten auch datierungen gut, zumindest wenn man in die sektion klassische moderne schlenkert ....
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