Salzburger Nachrichten am 30. März 2004 - Bereich: kultur
Kühle Bildästhetik
Der Südtiroler Maler Karl Plattner (1919-1986) wird derzeit in der RLB Kunstbrücke,
Innsbruck, präsentiert. Hineingeboren in eine historisch geprägte Landschaft mit der edlen
Einfachheit romanischer Kirchen und den tonigen Farben eines archaischen
Tales, ist Karl Plattner ein echtes Kind des Vinschgaus: verschlossen,
wortkarg, naturnah. Sein Weg war vorgezeichnet: Brixen/Südtirol - Lehre
als Freskant bei einem Professor der Wiener Akademie; Erreichung eines
hohen malerischen und technischen Perfektionismus in altmeisterlicher
Manier. Nach dem 2. Weltkrieg Studien an den Akademien in Florenz, Mailand
und Paris, dem Nabel der Nachkriegskunst, wo er Verbindung zur
französischen Avantgarde und dem Kubismus aufnimmt. Doch bald bricht Plattners eigenständige Handschrift durch: Zwischen Modernismus
und Traditionalismus stehend, huldigt er einer figürlichen Bildform, in
die er Impulse der Abstraktion einbindet. Im Spannungsverhältnis zwischen
Figur und Bildraum formen sich entleerte Räume, die nach gedanklicher
Füllung schreien; seine Menschen - manieristisch überdehnt, die Gesichter
erloschen - leben in tiefster Isolation. Plattners Werk entwickelt sich - ohne größere Brüche - konsequent, in sich
geschlossen. Er erfüllt bedeutende Aufträge in Brasilien, Südfrankreich,
Italien, Österreich. Clemens Holzmeister betraut den Maler mit der
bildnerischen Ausgestaltung des Logenvorraums und einem Wandbild im neuen
Salzburger Festspielhaus; Plattner freskiert die Europakapelle an der
Tiroler Europabrücke und vieles mehr. Er erhält 21 Preise und
Auszeichnungen. Hinter der farblich kühlen Ästhetik seiner Werke öffnen sich
menschliche Abgründe, Depression, Vereinsamung, Todesangst, denen der
Künstler durch seinen Freitod zu entkommen suchte. HELGA REICHART RLB Kunstbrücke, Innsbruck, Adamgasse 1-7, bis 14. Mai
2004. |