Das Los der Kleinen | |
Das MQ ist eröffnet. Die Großen feiern, die Kleinen zittern - oder gehen.
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Die autonome Vielfalt der Nutzer des
Wiener Museumsquartiers birgt ein ganz spezifisches Kraftpotential dieses
Projektes - aber auch viele Probleme. Nach der Eröffnung und dem damit
verbundenen großen internationalen Auftritt gilt es, sich den hausinternen
Strukturen zu widmen.
Denn Tatsache ist, dass einige der Institutionen noch immer keine
Mietverträge haben, und nach welchen Spielregeln das Zusammenleben der
einzelnen Nutzer vor sich gehen soll, ist noch kaum geklärt. Die Netzkunst-Institution Public Netbase und das Depot, die mit 29.
Juni ihr Prekariums-Quartier hätten räumen sollen, weigern sich
auszuziehen. Die "basis wien" der ehemaligen Bundeskunstkuratorin Lioba
Reddeker hat bereits die Konsequenzen gezogen und sich ein neues Quartier
außerhalb des MQ gesucht. Für Wolfgang Waldner, Geschäftsführer der Museumsquartier
Betriebsgesellschaft sind das "unverständliche" Reaktionen auf längst
feststehende Vereinbarungen und spricht von "privilegierter"
Behandlung. Fehlende Mietverträge Das große Spektakel der MQ-Eröffnung zu der über drei Tage verteilt
mehr als 300.000 Besucher strömten, sei die Eröffnung von Nichts
formulierten einige Kritiker. Denn bis auf wenige Ausnahmen wie Kunsthalle
oder Architekturzentrum gibt es noch kaum Leben auf dem Areal und
juristisch ist noch Vieles ungeklärt. So machten noch am ersten Eröffnungstag die kleinen Kulturinitiativen
Public Netbase, Depot, Springerin und basis wien, die als
Fixstarter im Quartier 21 gelten bzw. galten, per Presseaussendung darauf
aufmerksam, dass sie noch keinen Mietvertrag besitzen. Die angebotenen Vorverträge, deren Unterzeichnung an die Unterzeichnung
des Vertrags binde, enthielten außerdem keine genauen Angaben über die
Höhe der Betriebskosten, monierten Konrad Becker von Public Netbase und
Wolfgang Zinggl vom Depot. Unwägbarkeiten, Ungenauigkeiten "Wir können gar nicht ausziehen. Wie sollen wir ein Ausweichquartier
mieten, wenn wir nicht wissen, von wann bis wann wir es brauchen und was
wir mitnehmen sollen? Wenn der neue Raum zum Beispiel L-förmig ist, dann
können wir gewisse Regale, die wir jetzt haben, wegwerfen", so Zinggl.
Außerdem würden dem Depot entgegen der zugesagten
Nicht-Schlechter-Stellung im vorliegenden Miet-Vorvertrag gegenüber den
jetzigen 340 Quadratmetern nun 280 angeboten. Auch für Becker ist diese Vorlage "unakzeptabel. Zentrale Punkte des
Entwurfs, wie etwa die ausschließliche Widmung für Bürozwecke
widersprechen dem im Statut festgeschriebenen Vereinszweck und den
Förderbedingungen der öffentlichen Hand", so Becker, "wir machen
Workshops, Vorträge, Ausstellungen und hatten im Vorjahr einen
Publikumsstrom von 35.000 Besuchern". Geht das Architektuzentrum? Erstaunlicherweise sind sie kein Einzelfall, auch große Institutionen
wie das Architekturzentrum
Wien besitzen keinen Vertrag. Dessen Leiter, Dietmar Steiner, betont,
dass er Vertragsentwürfe über Jahre hinweg präsentiert habe, ohne konkrete
Antwort zu erhalten. Seinen Verbleib im Museumsquartier macht er von der
konkreten Ausgestaltung des endgültigen Mietvertrags abhängig.
Insbesondere geht es um die Nutzung der Freiflächen, deren Bespielung als
zusätzlich Einnamequelle begehrt ist. In diesem Zusammenhang kritisiert Steiner, dass die
Betriebsgesellschaft des Museumsquartiers (Geschäftsführer Wolfgang
Waldner) als eigener Kulturveranstalter auftrete, der Sponsoren von den
Einzelinstitutionen abziehe. "In wirtschaftlichen Wettbewerb mit dem
Hausherrn zu treten ist ein zusätzliche Belastung", klagt Dietmar
Steiner. Es sei niemand übergelaufen, kontert Wolfgang Waldner, aber es könne
nicht so sein, "dass man sagt, weil ich einen Sponsor hab, darf niemand
anderer mit dem reden". "basis" zieht aus - teilweise Lioba Reddeker von der Basis Wien, deren Prekarium mit 15. Juli
abläuft, hat zwar den Großteil der Basis-Archivalien bereits in ein neues,
dauerhaftes Quartier übersiedelt. Die neue basis in der Fünfhausgasse im
15. Wiener Gemeindebezirk wird stilgerecht mit einer Ausstellung
eingeweiht, die den Umzug zum Thema macht. Heimo Zobernig, der bereits den aufgelassenen Zettelkatalog der
Nationalbibliothek zum Ausstellungsobjekt gemacht hat, hat der basis eine
Struktur des Aufräumens und des Übergangs entworfen. Das umfangreiche -
analoge - Archivmaterial, das über die Jahre gesammelt wurde, wird für die
Dauer der Ausstellung erstmals komplett sichtbar gemacht. "Seit ich bei den Eröffnungsfeiern gesehen habe, dass im
Museumsquartier nur eine relativ hohle Barock-Fassade gefeaturet wird,
beharre ich darauf, den alten Basis-Raum, der das Archiv beherbergt, mit
seiner Präsenz zu behalten", sagt Lioba Reddeker. sie möchte mit einem
kleinen Raum vor Ort bleiben, als zentrale anlaufstation für Künstler,
aber auch als Basisstation für ihre Online-Aktivitäten und sieht das als
ziemliches Zugeständnis an die Betriebsgesellschaft an. Ein zentraler
Punkt für sie sei der Eingangsbereich mit einer Installation der
Architektengruppe propeller z, die sie nicht demontieren möchte, "bevor
ich nicht weiß, was mit diesen Räumen geschieht". Waldner kontert "Seit Jahren steht fest, dass renoviert wird und die Drittnutzer
ausziehen müssen", ist Waldner irritiert, "sie haben rechtlich das
absolute Maximum zugesagt bekommen, nämlich dass sie mit einem
zweijährigen, verlängerbaren Mietvertrag zurückkommen können und dabei
nicht schlechter gestellt werden als jetzt. Dass sie sich in der ersten
Runde keiner Evaluierung stellen müssen, ist ein Privileg gegenüber den
anderen Nutzern. Die Miete von 70 Schilling ist viel niedriger als das,
was die Leute rings herum bezahlen. Die Betriebskosten und das Ende der
Bauarbeiten - voraussichtlich im Sommer 2002 - stehen noch nicht fest, und
für die Bekanntgabe der genauen Örtlichkeiten möchten wir erst alle
Bewerbungen abwarten." Wer zahlt? "Wenn die Drittnutzer nicht ausziehen, wird ein Schaden entstehen, den
irgend jemand bezahlen muss", so Waldner. "Ich werde mit jedem einzelnen
noch Gespräche führen. Natürlich hätten alle am liebsten drei Mal so viel
Platz wie jetzt und für immer und ewig. Aber wir sind keine
Subventionsverteiler. Wir benutzen Bundesimmobilien, und es ist schon ein
großer Erfolg, dass ich sie nur zum Teil wirtschaftlich nutzen muss." Links: Die Eröffnung des Museusquartiers im Rückblick bei ORF ON Kultur. Presseschau Der Standard | ||||
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