Kunsthalle Krems: FLATZ ("Kunst gegen Gewalt")
Suppenkaspar der Klassik
Von Claudia Aigner
Jö schau: wie der Onkel Adi! Ein gewisser FLATZ kann nämlich
genau so ein Gfrieß machen wie der nachhaltigste Exportösterreicher aus
Braunau. Freilich: Ohne Hitlerbärtchen ist jede "Hitler-Bewältigung"
irgendwie unvollständig. Und vielleicht weil mein Rezeptionsorgan für
Aktionismus, das irgendwo in der Magengegend liegen dürfte, schon
übersättigt ist, ist mir bislang nicht aufgefallen, dass FLATZ "sehr
berühmt" ist. Die Kunsthalle Krems zeigt bis 28. April im Rahmen der
Veranstaltungsreihe "Kunst gegen Gewalt" Fotos, Objekte und Videos des
Mannes, dessen Lebenswerk die Aggression ist. In den siebziger Jahren
hat er sich etwa splitternackt für Zielübungen als Mensch gewordene
Dartscheibe angeboten (aber von seinem Fluchtinstinkt Gebrauch gemacht -
umsonst). Später hat er sich vom "Märtyrer" zum "Attentäter" gemausert.
Und benimmt sich fortan wie ein "freies Radikal", das in eine
Liederabendsituation hineintrampelt wie King Kong in den Big Apple (also
flegelhaft). Da köpfelt er wie eine Abrissbirne mitten in eine Arie der
Kleopatra hinein, als Barbar mit dem Hammer. Und stiehlt der Hochkultur
die Show (auch eine Form von Narzissmus). Und während eine Sopranistin
drinnen den "König in Thule" (eigentlich ein morbides Liebeslied) singt,
schlägt FLATZ, ihr damaliger Gefährte, von draußen die Fensterscheiben ein
und versucht, die klassischen Schallwellen zu steinigen, was den Sopran
aber nicht aus der edlen Einfalt und stillen Größe bringen kann. Ein
trotziger Kostverächter vom Schlage eines Suppenkaspar ("Nein, meine
Klassik hör ich nicht!"). Auch körperlich beeindruckt hat mich die
leibhaftige Kraftkammer mit den endzeitlich-brutalen Fitnessgeräten
(Produktname: "Kraft durch Freude"). Wie am Ende aller Tage aus dem
Schrott des untergegangenen technischen Fortschritts zusammengeschweißt.
Mit beneidenswertem Improvisationstalent. Wenn Mad Max ein Fitnessstudio
betrieben hätte, hätte er es zweifellos so eingerichtet. Eine
Selbstbedienungsfolterkammer, wo man sich eventuell auf die "natürliche
Auslese durch Ellbogen-Darwinismus" vorbereitet. Darwinistisch sind schon
die Sandsäcke am Eingang: Man muss sich in die "strenge Kammer" rabiat
hineinboxen. Diskriminierend für schlappe bekennende Sitzfleischbesitzer
wie mich. Ergo: Ein sehr authentisches Opus.
Erschienen am: 16.04.2002 |
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