Kampf und Kopulation: "Chingado"zeigt einen spanischen Bullen, der einen mexikanischen Jaguar vergewaltigt. Ford: "Die begatten sich, um Mexiko zu erschaffen."
Altmeisterlicher Zeitgenosse: Walton Ford (50).
Wien - Prägend waren für Walton Ford die häufigen Besuche im Naturkundemuseum von New York ebenso wie die Auseinandersetzung mit dem Werk des Ornithologen und Tierzeichners John James Audibon (19. Jahrhundert). Ford ist Tiermaler, aber seine im Stil historisierenden, oft mörderischen Aquarelle passen in kein Druckwerk, sondern sind - oft der Lebensgröße der "Bestien" entsprechend - wandfüllend. Kritiker werfen ihm vor, seine Werke seien allzu dekorativ, denn Ford wagt es, sich mit seinem illustrativen Stil außerhalb avantgardistischer Traditionen zu bewegen, sich den Regeln des aktuellen Kunstdiskurses zu widersetzen.
Erzählungen von Hemingway, Notizen von Reisenden und Naturforschern liefern die Inspirationen zu Bildern wie dem eines blutverschmierten Bisons in einem Rudel Wölfe oder dem an Géricaults Floß der Medusa gemahnenden, Lämmer reißenden Berg Beutelwölfe. Sie sind inzwischen ausgestorben. Es sind durch Monumentalität und Inhalt fesselnde Bilder, die weitaus mehr über die "menschliche Zivilisation" als über "tierische Monströsitäten" erzählen und inzwischen Preise von mehr als 600.000 Euro erzielen. Die erfolgreiche Ausstellung seiner Werke in Berlin (der Standard berichtete)ist nun in der Albertina (bis 10. 10.) zu sehen.
Standard: Was interessiert Sie daran, wilde Tiere, "Bestien" , in Gefangenschaft zu malen?
Ford: Zwischen Haustieren und Menschen gibt es eine positive Art von parasitärer Beziehung. Individuell betrachtet hat eine Kuh ein kurzes Leben, aber als Spezies geht es Rindern sehr gut. Mich interessieren also jene Tiere, deren Kontakt mit Menschen erzwungen ist. Ein Affe als Haustier bleibt seinem Wesen nach immer ein Gefangener. Er profitiert in keiner Weise davon. Tiere in der Wildnis sind als Thema langweilig. Mich interessiert das Tier in Beziehung zum Menschen. Auch in King Kong beginnt die Geschichte erst als Fay Wray Skull Island betritt. Ich denke, ich lege eine Kulturgeschichte dessen vor, wie die Tiere nach Maßgabe menschlicher Vorstellungen leben.
Standard: Ihre Bilder sind von Buchillustrationen inspiriert, aber in ein für Aquarelle gigantisches Format transferiert. Was bedeutet es, wenn ihre Größe dem Anspruch eines raumgreifenden herrschaftlichen Historiengemäldes entspricht?
Ford: Dieses Medium und die visuelle Sprache der Tieraquarelle verbindet sich stark mit der naturgeschichtlichen Kunstradition. Schnelle Aquarellskizzen wurden unmittelbar vor Ort gefertigt und dienten dem Sammeln von Informationen. Heute würde man eine Digitalkamera verwenden. Der Schweizer Künstler Johann Carl Bodmer reiste in den 1830er-Jahren in Amerikas Westen und schuf wunderbare, unglaublich frische Zeichnungen u. a. von Indianern. Er ist in Gefahr und muss so schnell zeichnen, wie er kann. Die Zeichnungen sind sehr unmittelbar. Als er sie später für ein Buch mit Lithografien verwendete, "starben" sie, wurden akademisch und schal. Mich interessiert, eine visuelle Sprache des ersten Kontakts, der ersten Berührung, in ein Gemälde im Salonstil, in ein episches Werk, zu verwandeln. Es ist wie die Vergrößerung von etwas Ephemerem.
Standard: Wird es dadurch wahrer oder erzählerischer?
Ford: Es macht es unwahrscheinlicher und auf eine Art surreal. Und es ergänzt eine Form von bizarrem Vergnügen, denn es ist eine Seite aus einem Journal, die nun über drei Meter misst, aber alles, Notizen etc. enthält, was man in einem Skizzenbuch erwarten würde. Die Größe verändert die Bedeutung.
Standard: Viele Textquellen zitieren das Zeitalter der Entdecker und die Ära Humboldts. Ziehen Sie auch Parallelen zur heutigen Zeit?
Ford: Ich kann natürlich nicht vermeiden, daran zu denken, dass ich in einem Amerika der großen kolonialen Expansion lebe, in der wir in den Irak gehen und diese ganze Öl-Plünderei passiert, in der die Politik der Expansion und Tyrannei zurückkommt, um uns in den Arsch zu beißen. So gesehen sehe ich eine Parallele zwischen den Zeitaltern, aber ich bringe sie ganz sicher nicht in mein Werk ein.
Standard: Warum war der traditionelle Zeichenstil nicht genug, wieso haben Sie auch dem Papier den Anschein gegeben, angesengt und verknittert, alt zu sein?
Ford: Ich wollte eine Art gefälschtes Artefakt schaffen. Das hatte mit der Idee zu tun, dass eine Spannung im Bild entstehen würde, wenn zwar das Aussehen überzeugend alt aussieht, nicht aber das Denken dahinter. Es ist ähnlich wie bei Marquis de Sade, der darin eine unglaublich grenzüberschreitende Sexualität beschrieb. Man kann nicht fassen, dass es zu dieser Zeit geschrieben wurde und diese Art des Denken in der damaligen Zeit existierte. Wirklich bizarr. Wenn man ein altes Foto sieht, das aussieht, als wäre es gestern aufgenommen worden, ist es immer schockierend. Diese Form von Spannung interessiert mich: beinahe in der Zeit zurückreisen und mit einem Objekt zurückkommen, das zunächst keinen Sinn ergibt, das irritiert. (Anne Katrin Feßler/DER STANDARD, Printausgabe, 21. 6. 2010)
Walton Ford, geb. 1960, studierte an der renommierten Rhode Island School of Design. Nach Gruppenausstellungen im in New Yorker Whitney Museum (2004) und im MoMA (2008) ist die aktuelle Schau (zuvor in Berlin) seine erste wesentliche museale Personale.
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