OÖNachrichten
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© Ernst Lorenzi
von
Bernhard Lichtenberger
Mars macht am Gletscher mobil
In der Tiroler Bergwelt, am Söldener Rettenbachgletscher, führt das Künstlernetzwerk lawine torrén um den Innviertler Regisseur Hubert Lepka am 21. April, 19.30 Uhr, sein neues Open-air-Spektakel "mars: 2068" auf.

OÖN: Wirken an der Inszenierung wieder Maschinen mit?

Lepka: Lawine torrén ist ja bekannt dafür, dass wir großes mechanisches Ballett machen. Wir haben Pistenbullys dabei, aber in der Edition "Mars-Bulle", der wie ein Tier ausschaut. Zusammen mit einem Seilbahnhersteller haben wir einen Datenbus geschaffen, der an der Schwarze-Schneid-Bahn hängt und als Gondel fungiert. Wir haben eigene Skidoos entwickelt, die eigentlich Sciencefiction-Produkte sind.

OÖN: Am Mars feiert man 100 Jahre 1968. Warum ist dieses Jahr für Sie entscheidend?

Lepka: Im Nachhinein betrachtet war 1968 möglicherweise die letzte große Umwälzung. Wenn man zurückblickt, kann man die Hypothese wagen, dass 1968 neben 1945 -und das war keine Revolution sondern ein Kriegsende - die markanteste Zahl des vergangenen Jahrhunderts war. Was ist das eigentlich? Sicher nicht die Latzhosenträger und das revolutionäre Gehabe. Übrig geblieben ist die Dekonstruktion von allem, dass es keine festgefügten gesellschaftlichen Normen mehr gibt.

OÖN: Ihre Geschichte spielt aber in der Zukunft...

Lepka: ...um eine Position zu wählen, von der aus wir von außen auf unsere Zeit blicken können.

OÖN: In "mars: 2068" wird Reporter Paris vor aller Augen von Helen verführt, der Braut seines Medienrivalen Laos. Eine Art, die wir auch aus heutigen Talkshows und Seifenopern kennen.

Lepka: Das Bedürfnis, sein Innerstes nach außen zu kehren, ist urmenschlich. Durch die Massenmedialisierung kommt es zu Erscheinungen, die uns aber grotesk vorkommen.

OÖN: Warum ist der Angelpunkt in der Zukunft der Mars geworden.

Lepka: Das hat mit dem Rettenbach-Gletscher zu tun. Die Oberfläche des Gebirges hat etwas extraterrestrisches, es schaut dem Mars sehr ähnlich. Ich glaube auch, dass diese hohen Berge so etwas wie Sonden ins Weltall sind.

OÖN: Stecken wir in einem Medienkrieg?

Lepka: Nicht in einem

Medienkrieg, aber in einer Ökonomie der Aufmerksamkeit. Die Menschen versuchen ihr Aufmerksamkeitskonto zu erhöhen. Die Medien sind Kapitalbörsen für Aufmerksamkeit. Wir sind in dem Stadium,

in dem man sich Aufmerksamkeit auch kaufen kann. Man kann durchaus sagen, Aufmerksamkeit ist Geldes wert.

OÖN: Wollen Sie sich

als Oberösterreicher am Kulturhauptstadtjahr 2009 beteiligen?

Lepka: Wir haben schon daran gedacht. Einerseits habe ich mit LIVA-Direktor Winkler gesprochen, was man mit der Klangwolke im Jahr 2009 machen könnte. Wir sind auch in Kontakt mit Intendant Martin Heller, um ein Projekt durchzuführen, das mit Linz zu tun hat.

OÖN: Ihre Lieblingsmaschine daheim?

Lepka: Im Moment ist es meine Hackschnitzelheizung, aber ich wünsche mir einen Massey-Ferguson X35, einen Traktor, nachdem ich mir in Moosdorf im Innviertel einen alten Bauernhof gekauft habe.

mars: 2068

Auf dem roten Planeten, wo man 100 Jahre des Aufbruchs von 1968 feiert, wird jede Kommunikation der Mars-Bewohner erfasst und auf ihre Interessantheit für Erden-Sender bewertet. Es herrscht ein Kampf um Senderechte und mediale Aufmerksamkeit. Während einer Mars-Medien-Gala entflammt im All ein offener Quotenkrieg.

OÖnachrichten vom 19.04.2006
 
   



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