Der Wahnsinn braucht Methode | |
Die spielerischen Beiträge der Österreicher bei der achten Architekturbiennale in Venedig. |
Was kommt in der Architektur als Nächstes? Diese Frage behandelt nicht
nur die "NEXT"-Hauptschau der 8. Architekturbiennale, die Samstags
offiziell eröffnet wurde. Dies haben sich auch die meisten
Länderkommissäre gefragt. Als Nächstes kommt der Nachwuchs, lautete in
vielen Fällen die Antwort. Und so sind Jungarchitekten heuer gleich zu
Dutzenden bei dieser Leistungsschau der Weltarchitektur vertreten.
Auffallen können da nur Länder mit einem klaren Konzept - wie die Schweiz
etwa, in deren Pavillon zwei Architekten Licht- und Luftbedingungen
schaffen, wie sie in 3.000 Meter Höhe herrschen. Konzeptuelle Architektur
Unkonventionelle Architektur-Zugänge hatte Dietmar Steiner, der
Nachfolger von Hans Hollein als Kommissär des Österreich-Beitrages,
versprochen: "Architektur als Denkansatz, nicht als Beruf oder Stil."
Kommissär Dietmar Steiner wählte Arbeiten von Nelo Auer, Rainer Köberl,
Heidulf Gerngroß und Jan Turnovsky aus. Ungewöhnlich geriet die
Präsentation tatsächlich. Nelo Auer Die 35-jährige aus Bozen stammende Architektin Nelo Auer hat ihren Raum
mit bunten Sitzkissen ausgestattet. Ihre Parole lautet "tasting
architecture", und daher gab es zur Eröffnung nicht nur auf einem
Campingkocher gegrillte Würstchen, sondern auch speziell gefertigte
Schoko-Riegel. Im österreichischen Pavillon hat die Architektur 75 Prozent
Kakao-Anteil. "Jeder sollte sich in einem Raum verwirklichen, auf den Raum reagieren,
ihn mit Ideen und Visionen füllen", lautete Steiners Programm. Während in
Auers Raum bald eine Polsterschlacht tobte, wurde nebenan fröhlich
herumgespritzt. Rainer Köberl Der 1956 in Innsbruck geborene Rainer Köberl setzte seinen Raum unter
Wasser, platzierte Tische und Sessel in ihm und schrieb Teile der
Mail-Korrespondenz über sein Projekt, die Rückseite des Pavillons neu zu
gestalten, an die Wände. Die feuchte Eröffnungs-Performance sorgte
allerdings dafür, dass so mancher Text an der Wand bald nicht mehr lesbar
war. Köberls Plan, das rückwärtige Dickicht zu roden und als Zusatz-Fläche
für den Pavillon zu gewinnen, wurde von den Behörden vorerst
abgeschmettert.
Weitere Österreicher Ein dritter Raum wurde mit Manuskripten des 1995 verstorbenen
Architekten und Architekturtheoretikers Jan Turnovsky ausgekleidet. Auch
der Österreicher Heidulf Gerngroß ist mit seiner "aula discorsiva" im
Pavillion vertreten. "Mehr Inszenierung und konkrete Realisation als
Repräsentation", hatte sich Dietmar Steiner gewünscht. Dieses Ziel
zumindest hat der Auftakt im Österreich-Pavillon ohne Zweifel
erreicht.
Löwen Auch bei der Architektur-Biennale werden "Löwen" vergeben. Der erste,
eine Würdigung des Lebenswerks, ging an den japanischen Architekten Toyo
Ito (Jahrgang 1941), dem Erbauer des "Turms der Winde" in Tokio. "Ito
verweigert sich vorschnellen Einordnungen", lobt die Jury seine
vielfältige Arbeit, die von großer Bedeutung für die Gegenwartarchitektur
sei und auch innovative neue Technologien mit einbezieht, "seine
Experimente bedeuten kontinuierliche Inspiration, seine Architektur ist
von bleibender Schönheit."
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