8. November 2005

Treibhaus-Chef überklebt Plakatgalerie

Medienkunst Tirol betreibt die Plakatgalerie im Innsbrucker Treibhaus. Gefallen Treibhaus-Chef Norbert Pleifer die Plakate nicht, überklebt er sie eigenhändig.

Artikeltext: Der Verein Medienkunst Tirol hat keine eigene Galerie. Einerseits aus Mangel an finanziellen Ressourcen, andererseits suchen sich die Medienkünstler auch ganz bewusst immer wieder neue - gern unkonventionelle - Ausstellungsorte. So wurde im heurigen Frühjahr, natürlich in Absprache mit Treibhaus-Chef Norbert Pleifer, im Treibhauscafe eine "Plakatgalerie" eingerichtet, die von österreichischen wie international umtriebigen Künstlern bespielt werden sollte.

Das erste Plakat gestaltete das tirolisch-amerikanische Künstlerduo Richard Hoeck/John Miller parallel zu ihrer Ausstellung in der Galerie Widauer. Um einen UPS-Mann und seine Kundinnen ging es in ihrem mit viel Ironie gespickten Plakat. Für Pleifer war es allerdings "sexistisch", es habe ihm "rein privat nicht gefallen", weshalb er es nach einigen Wochen überklebt hat. "Dieses Recht nehme ich mir heraus", so Pleifer. Und er sah auch absolut keine Veranlassung, vor diesem nach eigener Aussage "vandalistischen Akt" mit den Vertretern von Medienkunst zu reden.

Etwa Stefan Bidner oder Roland Maurmair, was diese sehr ärgert. "Pleifer hat keine Ahnung von Kunst", schimpft Bidner, für den diese Vorgangsweise "schwer reaktionär und für einen Kulturmenschen nicht zu billigen" ist. Denn die Aufgabe von Kunst sei es zu provozieren, Diskussionen anzuzetteln.

Diese Auslöschung von Kunst "bei Nacht und Nebel" (Bidner) war aber keine einmalige Aktion. Plakat Nr. 2 von "Chicks on Speed" fand offensichtlich das Gefallen von Pleifer, nicht jedoch die Arbeit von Deutschbauer/Spring. Das Foto eines Leichenberges im KZ Auschwitz war die Basis des vom Künstlerduo überarbeiteten Plakats.

Nach drei Wochen wurde dieses von Pleifer überklebt, nach Aussage von Bidner bereits nach einer Woche. "Ich wollte Deutschbauer/Spring die Diskussion, die sie anzetteln wollten, nicht geben", so Pleifer, für den deren Annäherung an das Thema eine völlig "unehrliche" war. Dieses Plakat habe seine Toleranzgrenze ausgereizt, drei Wochen habe er es ausgehalten, andere - wie etwa ein norwegischer Musiker - keinen einzigen Abend.

Deshalb will Pleifer zukünftig jedes Plakat sehen, bevor es im Treibhaus aufgehängt wird. Diese Vorzensur wiederum ist für den Verein Medienkunst inakzeptabel. Der Sinn von Medienkunst Tirol, Orte zu vernetzen, werde auf diese Art ad absurdum geführt, so Bidner, die Plakatgalerie im Treibhaus "zum Unort".

Das vierte und letzte Plakat wird ab 18. November Martin Walde gestalten, parallel zu seiner Ausstellung in der Innsbrucker Galerie im Taxispalais. Von Pleifer unzensuriert, wie Roland Maurmair versichert, der für den Verein Medienkunst bereits auf der Suche nach einem neuen Platz im öffentlichen Raum ist.

Kunst, die mehr als bloße Dekoration ist, nicht nur in geschützten galeristischen und musealen Räumen stattfinden zu lassen, ist u.a. das Konzept von Medienkunst Tirol. Das Treibhaus schien ein idealer solcher Ort der - unfreiwilligen - Begegnung mit Kunst zu sein, gehen hier doch tausende Menschen ein und aus. Die Krux an der Geschichte ist allerdings, dass die Medienkünstler und Treibhäusler Pleifer offensichtlich völlig unterschiedliche Auffassungen von Kunst haben.

Aber anstatt eine Auseinandersetzung in welcher Form auch immer mit dem Präsentierten zuzulassen, löscht Pleifer das, was ihm nicht gefällt, aus. Derzeit das sicher nicht unproblematische Plakat des Künstlerduos Deutschbauer/Spring, über das er eines von Miriam Makeba geklebt hat, das ganz sicher niemanden in welchen Gefühlen auch immer stört.

Kann das die Form sein, in der ein - zu einem guten Teil immerhin von Steuergeldern lebender - Kulturveranstalter mit Kunst, Künstlern und deren Art der Vergangenheitsbewältigung umgeht? Pleifer, der nie zimperlich im Umgang mit anderen war und für sich jede Toleranz fordert, handelt seinerseits total autoritär. Sein subjektives Maß hat das für alle zu sein. Schade um das Treibhaus, in dem es schon lange nicht mehr brodelt, seit es sich von einer offenen Werkstatt zum bequemen Salon gewandelt hat. (schlo)

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Autor: Von E. Schlocker
Quelle: TT
 
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