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08.11.2002 21:08

Messe der "mobilen Immobilie"
Abschlussbericht von der diesjährigen Gegenwartskunstmesse "Art Cologne"



Als älteste internationale Veranstaltung war auch diese Woche zu Ende gegangene 36. Art Cologne für sehr viele Teilnehmer (heuer 258) von Existenz erhaltender Bedeutung. Wenige der vom international besetzten Galeristen-Auswahlausschuss, unter Vorsitz des Kölners Karsten Greve, abgelehnten (in diesem Jahr) 140 Galerien versuchen zu klagen, gelegentlich mit Erfolg. In Köln versucht man mit einem Pausierungs-Rotations-Verfahren aus der Bredouille zum kommen. Was allerdings heuer der Grund für die Abwesenheit so wichtiger Kunsthäuser wie etwa Waddington, Nothelfer, Lelong oder Moeller/New York. Schrittchenweise versucht man in Köln zu verkleinern (Ziel 220 Teilnehmer), qualitativ zu selektieren.

Doch gerade die 36 Jahre alte Art Cologne offenbart stilgeschichtliche Erkenntnisse: "Die letzten 50 Jahre sind gewandert" , so Karsten Greve, der vor allem Sprengsatz-Objekte feministischen Tiefsinns von Louise Bourgeois in musealer Qualität ausbreitete (bis 610.000 EURO) . Hans Mayer/Düsseldorf, der drastisch mit einem am Ende verkauften Dennis Hopper-Format sixtinischen Ausmaßes (140.000 EURO) sein Revier markierte, wünscht sich auch für das "Unterhaus" der Art Cologne die angepeilte Klärung und Sichtung. Dort. im dichten Geäst der "Kleinen", geht das teils hohe fotografische Niveau, etwa bei Niemann/Berlin, ein wenig unter.

Lediglich bei der Block-Konzentration der 20 Förderkojen ist es gelungen. Und hier hat die Malerei, nach Foto- und Video-Wahn, wieder Terrain zurück gewonnen, allerdings ohne dass man emphatische Tipps geben mag. Als insgesamt stärkste ausländische (19 Teilnehmer) Gruppe, hielt der Anteil der kleineren österreichischen Galerien den Begriff "Avantgarde" am überzeugendsten im Unterhaus hoch. Galeristisches Urgestein wie der Wiener Ernst Hilger hielt sich heuer mit dem Hausheiligen Hrdlicka ein wenig zurück, favorisierte die Jungen und jungen Alten, darunter die noch handwarme Marilyn-Suite Arnulf Rainers aus diesem Jahr (pro Blatt 3300 EURO). Indes wartete Hilger bis zum Schluss auf den ultimativen Deal.

Der Kunstmarkt an sich bleibt im derzeitigen Börsen-Frust wohl noch länger eine Anleger-Empfehlung - bei genügend vorhandener Spitzenqualität. Mathias Rastorfer von der Kölner Top-Galerie Gmurzynska (Schwerpunkt: russische Spitzen-Avantgarde) spricht vom Trend "zur mobilen Immobilie, verbunden mit einer Wiederbesinnung auf ästhetische Inhalte, jenseits schriller Schaustücke" - was der Verkauf einer Anthropometrie von Yves Klein (430 000 Dollar) unterstrich.

Die Händler waren mit dem letzten Jahr (weniger mit der Art Cologne 2001) bereits überwiegend zufrieden. Karsten Greve verkaufte bereits zum Auftakt des 2002er Art-Cologne-Jahrgangs im sechsstelligen Euro-Bereich (Bourgeois und Chamberlain). Greve beschreibt den deutschen Highend-Kunstmarkt allerdings, im Vergleich zur Art Basel im Juni, derzeit als "schwierig". Auch Michael Schultz/Berlin hatte schon am Vernissagen-Tag seine beiden Berliner Künstler Norbert Bisky (Sohn von PDS-Bisky) und Cornelia Schleime (Stichwort: trendy) mit großformatigen Arbeiten platzieren können - und insgesamt im Vernissagen-Fieber für 150.000 Euro ausschließlich junge Kunst verkauft. Was im Messeverlauf anhielt, wobei auch eine gediegene Penck-Skulptur für 135 000 Euro die Koje verließ. Schultz: "Der Kunstmarkt ist sehr stabil und gesund, eigentlich besser denn je, schaut man etwa auf die Weltrekord-Auktions-Ergebnisse bei der zeitgenössischen Kunst. Was wir haben, ist eine allgemeine Konjunkturflaute und die besonders in Deutschland schlechte, verzagte Stimmung".

Übrigens, die Erfahrung lehrt: Das positive Kunstmarkt-Phänomen hält jeweils zwei bis drei Jahre nach jedem Börsencrash an. Also, lieber Kunsthandel, genieß die Wirtschaftskrise, die Zukunft wird fürchterlich? (Roland Groß/DER STANDARD; Printausgabe, Sa/So, 9.11.2002)


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