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Kunstberichte
"Bildnis Wally": Stiftung Leopold geht nun ins Gerichtsverfahren

Was wusste Leopold?

Streitfall seit 1998: Das "Bildnis Wally" von Egon Schiele aus der Sammlung Leopold wurde in den USA beschlagnahmt. Nun kommt es zum Gerichtsverfahren. Foto: apa

Streitfall seit 1998: Das "Bildnis Wally" von Egon Schiele aus der Sammlung Leopold wurde in den USA beschlagnahmt. Nun kommt es zum Gerichtsverfahren. Foto: apa

Aufzählung Kein Zeithorizont absehbar.
Aufzählung Entscheidende Frage: Was wusste Leopold 1997?

Wien. Die Stiftung Leopold geht ins Gerichtsverfahren um das nach dem Ende einer Schiele-Ausstellung in New York beschlagnahmte Gemälde "Wally".

Nachdem bisher nur Rechtsfragen verhandelt worden seien, habe die Richterin nun entschieden, dass sie ein Hauptverfahren haben wolle, gab Andreas Nödl, Anwalt und Vorstandsmitglied der Leopold Stiftung, bekannt. Bei dem Verfahren in den USA werde es darum gehen, ob der Sammler Rudolf Leopold zum Zeitpunkt der Einfuhr des "Bildnis Wally" in die USA gewusst habe, dass das Bild gestohlen sei.

Weder Rudolf Leopold noch der Staatsanwalt haben die zuständige Richterin Loretta Preska mit ihren Sachverhaltsdarstellungen auf ihre Seite ziehen können. Daher hält die Richterin ein Gerichtsverfahren für gerechtfertigt. Sie hat die Parteien aufgefordert, bis 14. Oktober darzulegen, ob sie einen Geschworenenprozess benötigen.

Bisher sieht es so aus, dass die Staatsanwaltschaft zwar einen hinreichenden Verdacht belegen konnte, demzufolge Rudolf Leopold wusste, dass "Wally" gestohlen worden war beziehungsweise er es absichtlich vermieden hatte, diesen Umstand zur Kenntnis zu nehmen. Allerdings kann die Stiftung im Verfahren noch beweisen, dass dem nicht so sei.

Nicht Verfahrensgegenstand ist das heutige Wissen über die Vorgänge um das Bild – "heute wissen wir alles", so Nödl, der in Restitutionsangelegenheiten bereits erfahren ist. Er saß in jenem Schiedsgericht, das unter anderem die Rückgabe der "Goldenen Adele" an Maria Altmann entschied.

Verwickelter Fall

Leopold hätte vom Diebstahl des Bildes gewusst haben müssen. Sei er davon ausgegangen, dass die Übergabe des Bildes im Konsens, wenn auch eines "unter Zwang zustande gekommenen Konsenses", erfolgt sei, so Nödl, müsse das Bild an Leopold zurückgegeben werden.

Könne man etwa nachweisen, dass 1939 Geld an die Kunsthändlerin Lea Jaray-Bondi, deren Erben das Bild nun beanspruchen, geflossen sei, müsse man wohl von einem Konsens ausgehen. Dabei spiele auch keine Rolle, dass der Kunsthändler Friedrich Welz im Zuge der Arisierung ihrer Galerie Druck auf Jaray-Bondi ausgeübt habe.

Wann mit einer Entscheidung im Verfahren zu rechnen ist – die bisherigen Schritte haben immerhin mehr als ein Jahrzehnt in Anspruch genommen –, kann Nödl nicht einschätzen. Wichtig werde jedenfalls sein, welchen Eindruck Leopold selbst bei seiner Aussage machen werde.

Von der Leopold Museum-Privatstiftung heißt es zu den jüngsten Entwicklungen lediglich, man gebe "aus grundsätzlichen Gründen zu einem laufenden Gerichtsverfahren keine Stellungnahme ab".

Zinggl ist empört

Der Grünen-Kultursprecher Wolfgang Zinggl meint dazu in einer Aussendung: "Es ist höchste Zeit, Leopolds völlig unverantwortlichem Treiben Einhalt zu gebieten." "Das ist ein politisches Problem, dem sich Ministerin Schmied endlich stellen muss."

Der eigentliche Skandal bestehe darin, "dass Rudolf Leopold der Republik offenbar wissentlich Diebesgut verkauft hat und nun seit elf Jahren jährlich 500.000 Euro aus Steuergeld ausgibt, um diesen Tatbestand zu vertuschen", ist Zinggl empört. "Die Prozesskosten liegen jetzt schon deutlich höher als der Wert des Bildes."

Printausgabe vom Samstag, 10. Oktober 2009

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