Gottfried Leitner: Galerie Lang, Wien
Manfred Lang ist einer jener Galeristen, die kleine Details und
feine Handwerklichkeit nicht weniger lieben als den großen Horizont.
Das demonstriert der Seilerstätten-Galerist im Kleinen, etwa in Form
feinsinnig arrangierter Gruppenausstellungen, ebenso wie im Großen. In
dem Sinn ist Manfred Lang auch einer, der nicht bloß andenkt, sondern
sich für die Umsetzung von Konzepten einsetzt. Langs jüngstes Baby ist
die auf die Kunst des 20. Jahrhunderts spezialisierte „Art Austria“,
die von 13. bis 17. Mai zum zweiten Mal stattfindet.
Fürs
Standprogramm an der zeitgenössisch ausgerichteten
Schwestern-Veranstaltung setzt Lang ganz auf Figürlichkeit und rückt
neben den Wirklichkeitsbildern Bruno Wildbachs, einem verrückten Block
übermalter Briefe von Andrea Schnell und poetischen Skulpturen Martin
Krammers vor allem Gottfried Leitners fotorealistische, nach
Schnappschüssen von Halbwüchsigen gemalte Unendlichkeitsbilder
(1650–7000 Euro) ins Rampenlicht. An ihnen fasziniert Lang die
„Genauigkeit und Offenheit sowie eine gewisse Art von Mythos und
Geheimnis, die immer auch Unsicherheit und Gefahr birgt“ – so wie das
Porträt des kämpferischen Jungen mit der Steinschleuder vor dem
schier endlosen weißen Hintergrund, für das der Sohn des Künstlers
Modell gestanden ist.
Stand Nr. A1704. www.glw.at
Gustav Troger: Artelier Contemporary, Graz
Auch wenn es bis in den letzten Winkel der Kajüte über und über mit
Spiegelfragmenten beklebt ist und jetzt bloß als Schaustück fungieren
wird: Das mächtige Motorboot, das Gustav Troger als Hauptexponat (ca.
100.000 Euro) seiner One-Man-Show in der „Zone 1“ auftakeln wird, ist
tatsächlich fahrtauglich. So wie der spiegelsplitterübersäte
Beuys-Anzug, Meistergröße 54, immer noch tragbar ist, mit dem der
Grazer während der Dauer der Viennafair auf dem Boot Performances
bestreiten wird. Oder wie die als „Unikat-Edition“ aufgelegten
Spiegelflaschen (1500 Euro) tatsächlich befüllbar sind.
Mit
der Entscheidung für eine Soloshow des zwischen Graz und San Francisco
pendelnden Aktionskünstlers Gustav Troger setzt
Artelier-Contemporary-Galeristin Petra Schilcher diesmal alles auf eine
Karte. Eine Entscheidung, die in Zeiten wie diesen von Mut zeugt.
Andererseits: Schilcher ist mit ihrem markanten Editionsprogramm, in
dem „die serielle Linie immer gegeben ist“, ohnehin eine Solistin. Wer
serielle Kunst sucht und schätzt, weiß das und wird in ihrem
qualitätsvollen Programm ganz sicher fündig, auch wenn die Editionen
von Baldessari, Bonvicini, Gappmayr, Kippenberger, Kogler, Mullican
& Co. diesmal allenfalls aus dem Köfferchen ausgesucht werden
können.
Stand AZ013. www.artelier-contemporary.at
Stefan Wykydal: Galerie Schmidt, Reith i. A.
Seit Stefan Wykydal, Jahrgang 1976, vor vier Jahren mit dem
Strabag-Award ausgezeichnet wurde, gilt der Attersee-Schüler als
Geheimtipp der jungen heimischen Malereiszene (Bild oben). Typisch für
ihn ist seine lang gezogene, lockere Pinselführung, mit der er
Stadtszenen und Landschaften ebenso wie postmoderne Genreszenen
souverän ins Bild setzt. Durch einen nervösen Umgang mit der Farbe
verleiht Stefan Wykydal seinen Darstellungen etwas Prekäres und
Labiles, das sie mit der Realität immer wieder auf Kollisionskurs
bringt. Damit erweitert der 33-Jährige seinerseits das Angebot
markanter österreichischer Malereipositionen, das das Profil der neben
Österreich vor allem in Süddeutschland und Norditalien tätigen Galerie
Schmidt auszeichnet, um einen spannenden Aspekt.
An der
Viennafair wird Wykydal im Ensemble mit Malerei von Franco Kappl,
Hubert Scheibl, Gunter Damisch und Jakob Gasteiger sowie Fotografien
Angelika Krinzingers zu sehen sein. „Gerade in Zeiten wie diesen hat es
die Malerei sehr gut“, sagt Galerist Gottfried Schmidt. „Mit unserem
Malereischwerpunkt (Anm.: Preis-Range: 2900–35.000 Euro) haben wir eine
Nische erwischt.“ Die Viennafair, an der die Galerie von Beginn an
teilgenommen hat, sieht Schmidt als wichtige Plattform der
Galeriearbeit, „um auch die Kunden im Osten des Landes optimal
betreuen zu können“. Der Erfolg und die positiven Messeabschlüsse der letzten Jahre geben ihm recht.
Stand A1601. www.galerie-schmidt.com
Rainer Ganahl: Galerie Lisi Hämmerle
Er ist Vorarlbergs fliegender Künstler par excellence: Rainer
Ganahl, 1961 geborener Bludenzer. Umtriebiger Weltenbummler mit fixer
Adresse in New York und Ausstellungen weltweit. Video- und
Konzeptkünstler mit einem scharfen Blick für Detailzusammenhänge und
Hang zu Büchern. Internationale Bekanntheit erlangte der Vielreiser mit
konsequentem Fokus auf den Themenkomplex Fremdheit und Emigration. Das
Projekt „Crossing the Hangzhou Bay Bridge – Contemplating with Caspar
David Friedrich, 1774–1840“ schuf er für die Shanghai-Biennale 2008.
Dafür überquerte er die mit 36 Kilometern längste Ozeanbrücke der Welt
per Fahrrad – der Zeitpunkt der Aktion, wenige Tage vor Eröffnung der
Brücke, ermöglichte das unwiederbringliche Erlebnis von Individualität
und romantischer Einsamkeit an einem Ort, der bald darauf ein Symbol
des Massentransports werden sollte.
Fotos der Aktion sind nun
auf der Viennafair zu sehen. Dass Ganahl neuerdings von der Bregenzer
Galerie Lisi Hämmerle gezeigt wird, ist wie eine Heimholung. Denn mit
Fingerspitzengefühl und einem programmatischen Interesse für
medienkünstlerische, konzeptuelle und skulpturale Positionen hat sich
Hämmerle über die Jahre als wichtigste Avantgardegalerie im Ländle
etabliert. Das macht sie auch auf der Viennafair sichtbar, wo sie mit
Gottfried Bechtold, Rainer Ganahl und Willi Kopf drei der wichtigsten
zeitgenössischen Künstler Vorarlbergs präsentiert.
Stand A0402, www.galerie-lisihaemmerle.at
David Cerný: Kressling Gallery, Bratislava
Beim Erstauftritt der Kressling Gallery auf der Viennafair 2008
waren Ondrej Brodys Bodenskulpturen aus Hundefell einer der Aufreger.
Diesmal fand der Skandal schon im Vorfeld statt. David Cernýs
Installation „Entropa“, die an der Viennafair als exklusive
Fünfer-Edition zum stolzen Stückpreis von 85.000 Euro zu haben sein
wird, sorgte bereits im Winter am Brüsseler Ratsgebäude für
diplomatische Verstimmung. Man erinnert sich, die Öffentlichkeit zeigte
wenig Verständnis dafür, dass das 42-jährige tschechische Enfant
terrible die Mitgliedstaaten in Schweijk’scher Manier auf Klischees vom
Typus „Dänemark als
Mohammed-Karikatur“, „Deutschland ein
Hakenkreuz aus textilen Autobahnen“, „Österreich ein einziger
Atommeiler“, „Stehtoilette Bulgarien“ reduzierte.
Als Miniatur
im Ausmaß von zwei mal zwei Metern ist die Edition nun Teil eines
Skulpturenensembles, mit dem die junge auf tschechische und slowakische
Kunst spezialisierte Galerie eine weitere Visitenkarte im Westen
hinterlassen möchte. Die Messeteilnahme sieht Galerieleiter Viktor
Frešo, der selbst Bildhauer ist, dennoch mehr als Business und weniger
als Ausstellung – ein Risiko, das er ohne das bewährte Sponsoring der
Erste Bank für die osteuropäischen Galerien nicht eingegangen wäre. So
darf Frešo zumindest sagen: „I will like to try.“
Stand A0104. www.gallerykressling.sk
Jan Kekeli: Photoport
Er ist Teil der Generation Facebook. Jan Kekeli, 25 Jahre junger
Fotokünstler aus der Slowakei, der Filme von Federico Fellini, David
Lynch, David Cronenberg, Jean-Luc Godard und Milos
Foremann ebenso
liebt wie Musik von Pink Floyd und Led Zeppelin bis Punk und die
Straßenkunst von Banksy oder die erotischen Zeichnungen Egon Schiele,
wie auf seiner Seite nachzulesen ist. Das alles spiegelt sich auch in
seinen feinkomponierten
Fotoarbeiten von aufgeräumten Zimmern, in
denen die Leere und das Unheimliche die Oberhand haben, menschliche
Anwesenheit allenfalls als Spur vorhanden ist. „Emotions“ nennt Kekeli
seine neueste Serie (1300 Euro), die am Stand der Galerie „Photoport“
aus Bratislava im Dialog mit den schon abstrakten Interieurs und
postmodernen Stilleben des 26-jährigen Ján Šipöczs zu sehen sein
werden.
Für die im Herzen der Bratislaver Altstadt gelegene
und als städtischer Kunstverein organisierte Galerie, die sich als
Plattform zur Präsentation der Fotoarbeiten vornehmlich junger Künstler
versteht, ist es die zweite Teilnahme an der Viennafair. Die
Messepräsenz ist wie auch die Teilnahme an Fotofestivals ein wichtiger
Bestandteil des Engagements von Photoport für die Durchsetzung,
Vermittlung und Verbreitung des Mediums
Fotografie, auch über die Grenzen hinaus.
Stand A1504 www.photoport.org
Edward Wright: Mirko Mayer Gallery
Mit seinen nachgerade konventionell gemalten lebensgroßen
Gruppenbildnissen schmieriger, stets männlicher White-Collar-
Lebensgröße scheint Edward Wright, 1971 in Sydney geborener und nunmehr
in London lebender Absolvent des legendären Goldsmith Collegs, im
Programm seiner Galerie Mirko Mayer fast ein Außenseiter. Denn der
Schwerpunkt der in bester Kölner Tradition in einem Galerienhaus
befindlichen Galerie, ist ausgewiesenermaßen konzeptuelle, häufig
objektlastige internationale junge Kunst (unter anderem von Blixa
Bargeld, Harald F. Müller, Caroline Achaintre, Colin Cook, Ralph
Baiker).
Doch auch wenn Edward Wright Porträts malt, ein
Porträtist ist er beileibe nicht. Die Protagonisten werden vielmehr bar
jeder Individualität dargestellt, erwünschte Ähnlichkeit kippt in
Austauschbarkeit. Unter dem Deckmantel renaissancehafter Komposition
und vergilbter Farbgebung greift Wright in seinen Darstellungen
vielmehr jene jovialen Gesten und Zeichen heraus, die das
Einverständnis der Mächtigen auszeichnen: Schulterklopfen,
Händedrücken, „Power“-Gesten, die für Nicht-Eingeweihte allenfalls als
Bedrohung dechiffrierbar sind. Ein vier Meter großes Bild mit dem Titel
„How I Keep From Going Under“ (12.000 Euro) erzählt drastisch wie
selten von den Allianzen und der Arroganz der Macht. Was unterm Strich
bleibt, ist ein Sittenbild voll bissiger Kritik zum globalen Polit- und
Wirtschaftsgeschehen.
Stand A1701. www.mirkomayer.com