Salzburger Nachrichten am 12. August 2006 - Bereich: Feuilleton
Leben und Kunst fallen für Abla zusammen

Alte vertraute Muster und Ornamente machen Mohammed Ablas Bilder erzählerisch, individuell und zugleich allgemein verständlich.

Der junge Kunststudent an der Akademie der Bildenden Künste in Alexandria, Mohammed Abla, ist davon besessen, den Originalwerken der ihn so faszinierenden Künstler zu begegnen. Sobald es für ihn möglich wurde, führte ihn sein erster Weg nach Madrid zu Francesco Goya. Augenblicklich spürt Abla die Authentizität des Malers Goya in seinem Werk. Leben und künstlerische Arbeit sind untrennbar in der Person Goya vereint. Dieser tief gehende Eindruck begleitet Mohammed Ablas weiteres Schaffen bis heute.

Im Louvre in Paris trifft er auf die Kunst der alten Ägypter. Diese Erfahrung, von Angesicht zu Angesicht mit der Kunst seiner Ahnen, gibt seinem Selbstbewusstsein einen großen Auftrieb. Zum ersten Mal empfindet Abla deutlich die kulturelle Kraft, die von diesem Werk ausgeht und in sich unabhängig für jeden Menschen präsent ist. "Ich beobachtete, wie die Besucher bewundernd vor der Kunst meiner Vorfahren standen, und ich wusste nun, dass Kunst für jeden von uns da ist und Bedeutung besitzt."

Noch will sich Mohammed Abla vom Kunst- und Ausstellungsbetrieb fern halten, dann, 1979, wird sein malerisches Oeuvre zum ersten Mal mit großem Erfolg in Walsrode, Deutschland gezeigt.

Damit ist ein Anfang der später zahlreich nachfolgenden internationalen und heimischen Präsentationen gegeben.

Seine Wissbegierde, die europäische Kultur kennen zu lernen, ist unerschöpflich. Zugleich fühlt er sich einsam, seine malerische Sprache ist geprägt von Symbolen wie Vögel und Engel. Ihm fehlt die innere Sicherheit, die er bei vielen Europäern zu bemerken glaubt.

Als er wieder nach Ägypten aufbricht, ist er mit einer schweizerischen Frau verheiratet und hat den Wunsch, sich zwischen den Welten anzusiedeln. In seiner Heimat gewinnt er rasch Einfluss auf die kommende Generation von Künstlern. Viele von ihnen reisen gleichfalls nach Europa um neue Erfahrungen zu sammeln. Aufbruch und Neuorientierung bereichern die Szene in Ägypten. Mohammed Abla setzt je nach Thema verschiedene Medien und Techniken in seiner Kunst ein, Bewegung übersetzt er performativ, Fotografie besitzt für ihn wesentlich dokumentarischen Charakter, er vermischt Grafik mit Malerei und Fotografie, bedient sich vermehrt der Videotechnik.

Zunehmend sieht er in seinem Kunstschaffen die Möglichkeit, sich politik- und gesellschaftskritisch zu äußern. Seine Kritik richtet sich gegen das Fehlen eines breiten Mittelstandes, gegen das Verschwinden des familiären Zusammenhaltes, gegen die allgemeine soziale Unsicherheit.

"Die Leute sind wach ihren Problemen gegenüber, aber das Leben ist hart." Abla will das Rad der Geschichte keinesfalls zurückdrehen, versucht jedoch alte Traditionen, die Sinn machen, nicht vom Tisch zu wischen. Kunst besitzt für ihn die Kraft der Veränderung.

Gerade in Ägypten, wo der Kunstbetrieb noch keineswegs so kommerziell arbeitet wie im Westen. Abla spricht den Rezipienten in der Sprache an, die er versteht, in Ägypten will man Kunst genießen, Gefühl spielt eine große Rolle.

Alte vertraute Muster und Ornamente machen seine Bilder erzählerisch, individuell und zugleich allgemein verständlich. Einfache, nach alten Fotografien gemalte Bilder wirken vordergründig idyllisch, wecken die Sehnsucht nach der guten alten Zeit.

Gleichzeitig sucht Abla mittels kleiner, bedeutsamer Details Unvereinbares zu vereinen, wenn er zum Beispiel Moslems und Christen zusammen auf einem Bild präsentiert, so mischt er Zuckerguss mit Kritik, oder Bitterkeit.

"Die Gegenständlichkeit ist die Verbindung zur Realität. Realität hat mit dem menschlichen Körper zu tun, der Mensch hat einen Körper, eine Figur, die er bewegt."

Mohammed Abla ist davon überzeugt, dass wir Menschen uns verstehen wollen, dass es aber keine Insel der Seligen gibt. Seine Botschaft heißt : "Wir alle haben das gleiche Schicksal." Dazu zählt für ihn auch die Frage nach den Ressourcen, optimistisch glaubt er an den Menschen.

Stets schöpft Abla aus dem Augenblick. Seine Kunst sei, wie er sagt, "einfach, nicht klassisch, sondern postmodern. Ich habe nichts zu verlieren, denn ich habe meine Kunst. Die Welt geht unter, der Künstler stellt dem ein ,aber‘ entgegen."

Aus der Erfahrung am Leben entwickelt sich seine Kunst, so fallen Leben und Kunst für Mohammed Abla zusammen. "Dort wo ich inspiriert werde, hat mein Leben mit Kunst zu tun."

ULRIKE GUGGENBERGER Mohammed Abla, 1953 in Mansoura geboren, unterrichtet in diesem Jahr an der Internationalen Sommerakademie für Bildenden Kunst in Salzburg.