Vergängliches statt ewiges Eis

09. Dezember 2009, 20:54
  • Artikelbild

    Atemberaubende Ansichten unberührter Landschaft: Olaf Otto Becker, "Broken Line".

"Verschwindende Landschaften" heißt eine Gruppen-Ausstellung in der Salzburger Galerie Nikolaus Ruzicska

Wie ein Ornamentteppich breitet sich die Landschaft aus, in warme Rot- und Grüntöne getaucht. Wunderschön. Erst dann nimmt das Bild konkretere Formen an: der riesige Krater in der Ferne, der rötliche, karge Boden, die zerfurchte Erde: eine Nickelmine. Oder besser: eine ehemalige Nickelmine. Ein Stück Land, das vergessen wurde, als der Mensch mit ihm fertig war.

  • MEHR ZUM THEMA
  • Besser: Jetzt buchen! Flüge ab 29€ - flyniki.com

Edward Burtynky hat überall auf der Welt Minen, Steinbrüche und Schrottplätze - darunter auch die großen Schiffsfriedhöfe in Bangladesch - fotografiert. Den Raubbau an der Natur, die faszinierende Kraft der Zerstörung, hat er in erschreckend schöne Aufnahmen gebannt. Verschwindende Landschaften heißt die Ausstellung in der Salzburger Galerie Nikolaus Ruzicska, in deren Kontext elf zeitgenössische Positionen ihre ästhetischen und poesievollen, aber deswegen nicht minder kritischen Zugänge zum Thema Landschaft vorstellen.

Anreiz zur umfangreichen Schau gab ein Fotoband von Nadine Barth (erschienen bei Dumont, 2008) gleichen Titels, der das Verlorengehen der Natur, so wie wir sie kennen, ins Zentrum stellt: das Schmelzen der Polkappen, das Brandroden von Wäldern, das Ausbreiten der Städte. Die künstlerischen Beispiele dokumentieren sowohl die Erhabenheit der Natur (etwa Olaf Otto Beckers eisige Fjordbilder) als auch beiläufigere Wirklichkeitsausschnitte (Jem Southam). Das Ephemere kommt aber über andere - formale künstlerische - Wege in die Bilder: In Walter Niedermayrs Serie zum Schnalstalgletscher XVI (2001) verliert sich der Mensch in der großen weißen Fläche, bekommt seinen Platz zugewiesen.

Axel Hütte, einer der erfolgreichsten und profiliertesten Schüler von Bernd und Hilla Becher, taucht die Berge Neuseeland und New Mexicos in dunstige Unschärfe, wie er auch den Dschungel Venezuelas als verschwommene, fast abstrakte Spiegelung auf dem Wasser einfängt. Giovanni Castell blitzt in die dunkle Nacht hinein, und aus einem raumlosen Dunkel leuchten Blumen hervor oder schälen sich unheimliche Waldstücke (wie in seinen Vier Jahreszeiten aus dem Jahr 2009) heraus. Weitere Positionen besetzen Thomas Struth, Elger Esser, Per Bak Jensen, Peter Bialobrzeski, Josef Hoflehner, Mette Tronvoll und Lidwien van de Ven. (kafe / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 10.12.2009)

 

 

Galerie Nikolaus Ruzicska, Faistauergasse 12, 5020 Salzburg. Bis 9. 1.

druckenweitersagen:
posten
Posten Sie als Erste(r) Ihre Meinung

Die Kommentare von User und Userinnen geben nicht notwendigerweise die Meinung der Redaktion wieder. Die Redaktion behält sich vor, Kommentare, welche straf- oder zivilrechtliche Normen verletzen, den guten Sitten widersprechen oder sonst dem Ansehen des Mediums zuwiderlaufen (siehe ausführliche Forenregeln), zu entfernen. Der/Die Benutzer/in kann diesfalls keine Ansprüche stellen. Weiters behält sich die derStandard.at GmbH vor, Schadenersatzansprüche geltend zu machen und strafrechtlich relevante Tatbestände zur Anzeige zu bringen.