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Kunstberichte

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Du Kunst mich mal

Aufzählung (cai) Spiegelei, Spiegelei in der Pfanne, was ist das Gelbste in der Badewanne? Hm. Müsste das Quietschentchen sein, oder? Eigentlich wollt ich ja fragen: "Wer ist der Hungrigste in der Slowakei?", aber "Slowakei", das reimt sich halt nicht besonders auf "Pfanne". Auf "Spiegelei" reimt es sich dafür super. Erik Binder jedenfalls, ein Slowake mit vielen Spraydosen und mit Graffiti-Erfahrung, ist geradezu besessen vom Eiweiß, auf dem ein nahrhafter Dotter schwimmt. Überall müssen die Dinger draufpicken.

Gut, nicht überall . Wenn sich zwei Präservative im Opus "Condom meeting" begegnen, ist weit und breit kein Ei. Nur ein Totenkopf. Oh, das inspiriert mich zu einem Zweizeiler: "Ohne Safer Sex / gehst ex." Panta rhei (äh, ist das das "Heureka!" eines Installateurs, der grad einen verstopften Abfluss repariert hat?), also alles fließt, so definiert Binder seinen Stil treffend. Einen gewissen rohen Charme hat die dekorative Schlampigkeit ja. Dennoch schoss mir der Gedanke ein (spätestens als ich am Brett vorbeikam, das "Fuck" verkündet): Aha, wieder so ein "Threenager", ein Teenager in den Dreißigern, ein "Noch mit 40 werd’ ich mir aus Protest die Schuhe nicht zubinden"-Rebell. (Okay, wer im Porzellanladen sitzt, soll vielleicht nicht mit Elefanten werfen.)

Doch was, wenn die pubertäre Rotzigkeit eine Satire ist und Binder ein selbst ironischer "Threenager" wäre? Keine Ahnung, was dann wäre. Das abhebende Spiegelei in dem kitschigen Andachtsbild stellt übrigens nicht die Himmelfahrt eines ungeborenen Huhns dar. Es ist eine hungerinduzierte Vision. Kein Ei, sondern weiße Mäuse oder meinetwegen grüne Kängurus sähe man wohl, wenn man die "Kater-Hütte" rezipieren tät. Eine aus Alkflaschen gebaute ...Hundebleibe. Ich geb’s zu: Da hab ich wohlwollend geschmunzelt.

Hilger Contemporary
(Dorotheergasse 5)
Erik Binder - Panta rhei
Bis 19. Februar
Di. – Fr.: 10 – 18 Uhr Sa.: 10 – 16 Uhr

Warten auf Godzilla

Aufzählung (cai) Minimalisten sind Menschen, die einem nicht viel gönnen. (Dazu reicht es freilich nicht, jemandem die kandierte Kirsche vom Punschkrapferl zu stibitzen.) Armando Andrade Tudela dürfte so einer sein. Wer von seinem dezenten Kurzfilm so begeistert ist, dass er ihn sich ein zweites Mal anschaut, muss zumindest sehr genügsam sein. Nein, nein, bewegen tun sich die Bilder eh, auch wenn die Action unscheinbar ist. Weiße Formen tun irgendwas vor weißem Hintergrund. Ich gestehe: Ich hab’s nicht bis zum Schluss durchgehalten. Womöglich hätt’s da ja eine Überraschung gegeben, ein Happyend. Ich bin halt nicht gut darin, auf Godzilla zu warten, äh: auf Godot. In den Collagen hinter Glas wiederum steckt eine latente Bewegung. Denn nix ist geklebt, alles wird vom Druck der Glasplatte gehalten. Sich vorzustellen, die Papierln würden, weil die Schwerkraft an ihnen zieht, unmerklich wandern (wie die Landmassen bei der Kontinentaldrift), ist fast romantisch.

Krobath & Wimmer
(Eschenbachgasse 9)
Armando A. Tudela
Bis 28. Februar
Di. – Fr.: 13 – 18 Uhr Sa.: 11 – 15 Uhr

Frauen sind Obststillleben

Aufzählung (cai) Zwei Eier und das war’s. Das ist jetzt nicht die radikalfeministische Definition des Phänomens "Mann", das sind die Zutaten für eine durch ihre Schlichtheit imponierende Skulptur. Ein Ei ist der Körper, eines (oder eher ein Semmerl) der Kopf. Von Otto Eders (1924 – 82) einst provokanter Bildhauerkunst gibt’s bei der Chobot Kostproben. Wenn Eder die menschliche Anatomie reduziert, konsequent zerpflückt und mit System wieder zusammensetzt, kann eine Liegende plötzlich entfernte Ähnlichkeit mit einem Obststillleben haben. Als würde eine Banane den Rücken spielen und ein Apfel den Bauch. Selbst handliche Werke haben bei ihm eine monumentale Ausstrahlung.

Galerie Chobot
(Domgasse 6)
Otto Eder
Bis 14. Februar
Di. – Fr.: 13 – 18 Uhr Sa.: 11 – 16 Uhr

Printausgabe vom Mittwoch, 28. Jänner 2009

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