Salzburger Nachrichten am 13. November 2006 - Bereich: Kultur
Zur Person

Hermann Nitsch

ist "heute eine zentrale Figur österreichischen zeitgenössischen Kunstschaffens, der in seinem Werk grundlegende Fragen des Menschseins thematisiert". So lautete die Mitteilung des Bundeskanzleramtes anlässlich der Verleihung des "Großen Österreichischen Staatspreises" an Hermann Nitsch im Oktober 2005. Zuvor hatte ihm die Stadt Wien eine "Goldene Ehrenmedaille" verliehen. Im November 2005 gab er das Debüt seines Orgien Mysterien Theaters im Burgtheater.

Österreichs Kunstbischof

Egon Kapellari hat hingegen im Vorjahr untersagt, dass Hermann Nitsch in Sakralräumen der Diözese Graz-Seckau auftritt. Sein Widerstand konzentriere sich auf Nitschs blasphemisch-pornografischen Umgang mit der Gestalt Jesu Christi im Libretto "Die Eroberung von Jerusalem", erläuterte Kapellari in einem SN-Interview. "Gegen einen Teil des anderen Œuvres habe ich starke Einwände, steige aber nicht auf Barrikaden." Dies ist ein Beispiel für den Widerstand gegen Nitschs Kunst. Einst weigerte sich die niederösterreichische Regierung, Hermann Nitsch jenen Landespreis zu verleihen, den ihm eine Jury zuerkannt hatte.

Am 29. August 1938

in Wien geboren, besuchte er 1953 bis 1958 die Grafische Lehr- und Versuchsanstalt. Seit 1957 verfolgt er die Idee eines Daseinsfestes, des so genannten Orgien Mysterien Theaters (O. M. Theater). Dieses "Gesamtkunstwerk für alle Sinne" veranstaltet er seit 1971 in Schloss Prinzendorf.

Malaktionen

von Hermann Nitsch ab Beginn der 60er Jahre markieren wichtige Stationen des Wiener Aktionismus. Nach Farbschüttaktionen, bei denen Nitsch ein kuttenartiges weißes Hemd trug, ließ er sich 1962 selbst vor ein weißes Tuch wie gekreuzigt fesseln und mit Farbe beschütten. Dies wurde als entscheidender Schritt von der aktionistischen Malerei hin zum Aktionismus definiert. 1972 und 1982 war Nitsch Teilnehmer bei der documenta V bzw. der documenta VII in Kassel. Seit den 80er Jahren sind seine Arbeiten in renommierten Museen im In- und Ausland.