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Kunstberichte

Galerien live

Illustration

Das Leben ist blutiful

(cai) 15 Jahre? Da ist sie ja grad erst in der Pubertät ! Im besten Trotzalter. Und womöglich noch gar nicht reif, um "vernünftige" Ausstellungen zu machen. Andererseits: Es ist ja eine Galerie. Und so eine hat mit 15 ihre Lebenserwartung vielleicht eh schon lange überschritten. Das Schild am Eingang ist zumindest sehr verdächtig: "For sale" (zu verkaufen). Jessas, gibt der Martin Janda etwa nach 15 Jahren auf? Wär’ schad. Oh, ist doch bloß ein Staubmilbenallergikerschwank, nein: ein Flohzirkusdirektorenjux, äh: Lausbubenstreich natürlich. Oder besser: ein konzeptueller Aprilscherz. Von Roman Ondák.

Die 30 Künstler in der Jubiläumsausstellung schwelgen freilich weniger in Retrospektivennostalgie als in der Gegenwart. Na ja, heißt ja schließlich "Raum aktueller Kunst". Gut, Roman Signer hat sich bereits 1992 mit brachialem Minimalismus der vier Himmelsrichtungen vergewissert. Hat Feuerwerksraketen nach Nord, Ost, Süd und West in Modellier-Ton hineingeschossen. Eventuell ein lapidarer Kommentar zum Thema "Keramik": Die Euphorie (oder: kinetische Energie) trifft auf die formbare Materie. Johannes Vogl hat den Schlechtwettersimulator "’ne Woche Regen" aber erst heuer erfunden, die ausgeklügelt primitive Bewässerungsanlage, die das Fenster nass macht. Das vegetarische Werk von Lois & Franziska Weinberger (die diskrete gärtnerische Zwiesprache mit der Natur, das "Beetgeflüster") findet sich hier ebenso wie die drastische Aktion "Blutiful", äh: "Beautiful", wo Ene-Liis Semper mit dem Kameramann (dem "Erschießungskommando") herumdiskutiert, wie sie sich hinstellen soll, damit es adrett ausschaut, und dann wird sie hollywood reif erschossen. Peng! Peng! Peng! Der Janda befolgt eindeutig das oberste Gebot des Kunst anbietenden Gewerbes: Du sollst nicht langweilen!

Galerie Martin Janda
(Eschenbachgasse 11)
Who remembers where they are from?
Bis 22. Dezember
Di. bis Fr. 13 bis 18 Uhr
Sa. 11 bis 15 Uhr
Augenfüllend.

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Hungrige Bücherregale

(cai) Sie sind wie dieser Billy: häuslich, ordnungsliebend, ohne besondere Kennzeichen. Hm. Billy the Kid eher nicht, oder? Nein: Billy, das Regal. 26 Billy-Doppelgänger hat der Heimo Zobernig aufgestellt. Nach einem unergründlichen System. (Feng-Shui?) Er, der im selben Jahr nach Wien gekommen ist wie Ikea (1977 – und noch immer haben die Wiener weniger Zobernigs daheim als Leksviks, diese Couchtische) und der also wissen muss, dass Ikea weise ist wie Lao-tse ("Gib weniger aus , räum mehr rein !"), lässt die Regale trotzdem leer. Obwohl da alle meine ungeschriebenen Bücher Platz hätten (von denen ich jedes mindestens 198-mal nicht geschrieben habe). Dafür sind die karierten Bilder an den Wänden umso voller. Hinter der Verteilung der Farben und Regale dürfte ein Geheimrezept stecken. Rauskommen tut jedenfalls ein leckeres Raumerlebnis. Ganz so leer sind die Regale übrigens eh nicht. Die komischen Klumpen aus Stoffrestln (wohl die Verkörperung der Ikea-Devise "Abfall ist uns gar nicht Banane") halte ich für nichts weniger als für den leibhaftigen Humor. Basta.

Galerie Meyer Kainer
(Eschenbachgasse 9)
Heimo Zobernig
Bis 10. Jänner
Di. bis Fr. 11 bis 18 Uhr
Sa. 11 bis 15 Uhr
Aufheiternd.

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Laufen und laufen lassen

(cai) Wenn man sich das über einen längeren Zeitraum anschaut, kriegt man sicher ein Burn-out-Syndrom. Sturtevants Film von dem Hund, der läuft und läuft, über vier Monitore hetzt und eine Kondition hat, um die ihn ein Duracell-Häschen beneiden würde, erschöpft einen ziemlich. Und eine aufgeregt plappernde Plüschkreatur raubt einem den letzten Nerv. Dann rennt der Hund auch noch über die Wände. Als Videoprojektion. Als ob mein Leben als moderner, hektischer Mensch nicht schon stressig genug wäre. Pff!

Galerie Mezzanin
(Getreidemarkt 14)
Sturtevant
Bis 12. Jänner
Di. bis Fr. 13 bis 18 Uhr
Sa. 11 bis 15 Uhr
Entkräftend.

Mittwoch, 28. November 2007


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