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derStandard.at | Kultur | Gedankenjahr | Plakative Erregung 
30. Dezember 2005
21:29 MEZ
Von
Thomas Trenkler 
Foto: 25Peaces
Auch dieses Plakat könnte missfallen: Marc Bijl applizierte auf die EU-Sterne Logos und Symbole, die mit Europa in Konnex stehen.

"Schüssels Lügengebäude"
Die SPÖ zeiht den Kanzler der Lüge: Der Zuschuss der ÖIAG zu "25peaces" ist kein "Sponsoring", man habe auf "Volksvermögen" zurückgegriffen. Die Zensur blieb ohne Erfolg

... Die skandalisierten Plakatsujets gehen um die Welt.


Wien - Die Behauptung, für die Präsentation der insgesamt 150 Plakate von 75 Künstlern aus allen 25 EU-Staaten auf 400 Rolling Boards sei kein Steuergeld geflossen, lässt sich nur schwer aufrechterhalten: Das Kanzleramt förderte die Veranstaltungsreihe <i>25peaces</i> in zwei Tranchen mit 900.000 Euro. Und ein "piece" ist eben die EU-kritische Plakataktion euroPART.

Aufgrund dreier Sujets in Bedrängnis geraten, die von der SPÖ und der FPÖ zusammen mit der Kronen Zeitung als "Porno-Plakate" denunziert wurden, gab das Kanzleramt aber bekannt, dass die Finanzierung des Projekts, wie berichtet, "durch ein externes Sponsoring eines Unternehmens" erfolgt sei. Diese Mittel (500.000 Euro) seien nur verwaltet und an die Projektwerber ausbezahlt worden.

In der Tat bat Kanzler Wolfgang Schüssel diverse Unternehmen, die am Wiederaufbau Österreichs beteiligt waren, die Reihe 25peaces zu unterstützen. Über Sach- und Geldsponsoring wuchs daher das Budget der Organisatoren auf 5,3 Millionen Euro an.

Auch die Österreichische Industrieholding sagte Unterstützung zu. Sie bat aber, da sie nicht direktes Sponsoring betreiben will, um eine komplizierte Abwicklung: Sie erhöhte die Dividende, die sie dem Eigentümer, also dem Staat, auszuschütten hat. Die Gewinnausschüttung für 2004 betrug insgesamt 255 Millionen Euro. Und das Finanzministerium überwies 500.000 Euro weiter ans Kanzleramt. Der Betrag wurde aber nicht dezidiert euroPART zur Verfügung gestellt, sondern der Reihe 25peaces.

Für SPÖ-Klubobmann Josef Cap habe Wolfgang Schüssel daher versucht, die Österreicher zu täuschen: "Das Lügengebäude des Kanzlers bricht gnadenlos in sich zusammen." Denn eines ist klar: Die Erhöhung der ÖIAG-Dividende um 500.000 Euro ist kein klassisches Sponsoring. Schüssels Pressesprecherin Heidi Glück bedauert nun ihre Wortwahl: "Ich hätte den Begriff Unterstützung verwenden sollen."

Cap kritisiert zudem, dass die Regierung "auf Volksvermögen zugegriffen" habe, um die "Porno-Plakate" zu subventionieren. Doch da widerspricht ÖIAG-Pressesprecherin Anita Bauer: Das Vermögen gehöre nicht dem Volk, sondern der Aktiengesellschaft, was zwar stimmt, aber die Höhe der Dividende wird von der Hauptversammlung bestimmt, und diese besteht aus einer Person: Finanzminister Karl-Heinz Grasser.

"Zu Tode getrampelt"

Die skandalisierten Plakate wurden bereits abgenommen, weil man, so Wolfgang Lorenz, "nicht länger zuschauen wollte, wie ein Gesamtprojekt zu Tode getrampelt" wird, und um den Blick auf die Beiträge der übrigen 73 Künstler freizumachen, darunter Valie Export. Denn es gibt noch sehr viel Kritisches zu entdecken: Marc Bijl z. B. überschrieb die Sterne der EU-Flagge mit Symbolen und Logos . . .

Lorenz zieht zudem ein positives Resümee: "Die Sujets sind nicht verschwunden: Sie gehen um die ganze Welt. Sie haben also nur das Medium gewechselt." Und vielleicht werden sie demnächst auch im Museum präsentiert: MAK-Chef Peter Noever bot an, sie in seinem Haus zu zeigen. (DER STANDARD, Printausgabe vom 31.12.2005/1.1.2006)


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