OÖNachrichten
von
Irene Judmayer
Jö, schau - ein nackter Hintern!
Halt! Stop! Retour! So hat sich schon so mancher eingebremst, der auf flotten Sohlen durch die Linzer Klammstraße unterwegs war. Und weil da jetzt auf der einen Straßenseite der Gehsteig durch eine Baustelle blockiert ist, flaniert der Passant wohl oder übel an der Galerie Lehner vorüber. In Gedanken versunken, zumeist.

Doch schon beim ersten Schaufenster gibt's eine Verlockung, der zumindest beim gestrigen Lokalaugenschein kaum ein Mann widerstand: Unbekümmert streckt uns da ein junges Mädchen seinen Popo entgegen, lehnt sich vornüber auf einen Tisch. Nun ja, es ist ein Mädchen aus Bronze, was allerdings dem Reiz des nackten Hinterns keinen Abbruch tut.

"Da schauen Sie nur, wie der schon glatt poliert ist!" - Galerist Lehner zeigt den OÖN das corpus "delecti". Einen an manchen Stellen goldglänzend schimmernden Popo, an dem sich mancher Besucher "delektieren musste": "Alle streichen's drüber oder geben ihm einen Klaps. Da kann sich wirklich keiner zurückhalten!" Auch Lehner nicht. Er stützt sich sogar beim Reden drauf.

Der Schöpfer dieser animierenden, lebensgroßen Statue namens "Katrin" ist Theo Blaickner (54), aus Zell/See stammender, lange Zeit in Linz tätiger, derzeit in Windischgarsten lebender Künstler. Blaickner zeigt bei Lehner noch weitere neun Bronze-Körper, teils in Fragmenten, teils langgezogen, teils gedreht. Diese allerdings vorwiegend im Kleinformat.

Doch etwas haben die kleinen Statuen mit der großen gemeinsam: Man kann sich nicht beherrschen, man muss sie einfach angreifen. Wer Blaickner persönlich kennt, weiß, dass er ein sehr körperbetonter Mann ist. Einer, der seine Sinneslust mit Genuss über den Körper präsentiert und auch auslebt. Seine künstlerische Qualität manifestiert sich zunehmend darin, Körperlichkeit auch in all dieser Sinnlichkeit zu präsentieren. Sei es in der aus früheren Jahren stammenden Großplastik, sei es in den jüngeren kleineren Werjen.

Der Rückzug aus der Stadt hat zwar Blaickners persönliche Präsenz in der "Szene" verringert, die Präsenz seiner Figuren aber ist zeitlos und ungebrochen.



Galerie Lehner (Linz): Dauerausstellung parallel zu temporären Präsentationen von Hans Franta und ab nächster Woche von Johanna Gebetsroither.



OÖNachrichten vom 11.03.2003
 
   







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