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Ausstellung: Rasante Betonpatschen

28.04.2009 | 18:04 | ALMUTH SPIEGLER (Die Presse)

Gottfried Bechtold zeigt Variationen seiner Beton-Porsches in der Wiener Galerie Krinzinger.

Künstler und ihre motorisierten Statussymbole: Franz West übergoss 2001 im MAK seinen lila Zweitmaserati mit rosa Lack und führte ihn derart der Museumssammlung zu. Erwin Wurm verfettete in etwa zeitgleich einen Porsche („Fat Car“). 2007 frostete Olafur Eliasson einen BMW-H2R-Rennwagen – worüber Gottfried Bechtold im besten Falle milde lächeln könnte, hat er doch schon 1971 seinem ersten Luxusschlitten, einem Porsche 911, die Schnittigkeit genommen, ihn nicht nur verlangsamt, sondern gestoppt, ihn zur Skulptur gemacht, indem er ihm sozusagen Betonpatschen angezogen hat.

Den ersten Betonporsche präsentierte der 1947 geborene Vorarlberger in der damals noch in Bregenz beheimateten Ur-Galerie Ursula Krinzingers, die dann fast 40 Jahre wartete bis zur nächsten Ausstellung – vielleicht in stiller Hoffnung, dass der Künstler sich ein neues Thema findet? Umsonst, er blieb seinem Konzept treu. So zeigt Krinzinger in Wien jetzt also, wie sich die Bechtold'sche Betonporsche-Manie über die Jahrzehnte verfeinerte: „Residues“ zeigt Überbleibsel vom zwei Jahre dauernden Entstehungsprozess der Installation „Elf Elf“, 2007 fürs Kunsthaus Bregenz geschaffen; zurzeit sind die elf Abgüsse diesmal verhüllter Porsches streng aufgereiht im Hof des Lentos-Museums in Linz geparkt.

Dagegen schaut die Galerie aus wie eine Autowerkstatt, an den Wänden hängen Materialbilder u.a. aus rohen und lackierten Verschalungsteilen. Auf der Stirnseite: die Abdrücke zweier Reifen; die Scheiben erinnern formal dunkel an Picassos Keramikteller. In der Mitte streckt sich ein schmaler Sockel, der an ein Fließband denken lässt. Hier sind verschiedenste Miniatur-Porsche-Verwertungen zu bewundern, darunter das Spielzeugauto, das für viele Abgüsse, etwa in Zuckerlfarben, Modell stand, oder ein Porsche-Guss, der zum Teil, wie eine Skulptur, noch im Steinblock zu stecken scheint – Bechtold kam ursprünglich von der Bildhauerei.

Im zweiten Raum reichen nur sechs lose am Boden aufgelegte Autoversatzstücke, vier Räderabdrücke, ein Vorder-, ein Hinterteil, damit die Porsche-Imagination in uns aufsteigt. In dieser Nichtexistenz oder in seiner Negativform als Abguss könne das Auto, der Alltagsgegenstand, zu Kunst werden, so der Ausstellungstext. So viel Aufwand, so viel lebenslange Akribie, um eine derart spröde kunsttheoretische Aussage zu zementieren! Ein Wahnsinn eigentlich, man könnte ihn auch sture, männliche, postminimalistische Konzeptkunst nennen.

Bis 30. April, Seilerstätte 16, Wien 1, Di–Fr 12–18 Uhr.


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