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Kunstberichte

Wotruba: "Verdamme den Krieg"

Austellung zum 100. Geburtstag
Illustration
- Pferd, 1927

Pferd, 1927 (© APA/Gindl)

Von WZ Online / APA

Wien. Pünktlich zum heutigen 100. Geburtstag des österreichischen Bildhauers Fritz Wotruba (1907-1975) präsentierte das Belvedere am Montag die Jubiläumsausstellung "Einfachheit und Harmonie". Schon im Schatten des Belvederes begrüßt ein Vorbote der Schau die Besucher: Wotrubas Mahnmal "Verdamme den Krieg" (1932) wurde aus dem Pestalozzipark in Leoben in den barocken Garten in Wien transferiert.

Zu sehen sind Skulpturen und Zeichnungen aus dem Frühwerk des gebürtigen Wieners, der zu den bedeutendsten heimischen Künstlern des 20. Jahrhunderts zählt. Die Ausstellung selbst beginnt mit einem Torso (1928/29) und endet mit einem Sitzenden (1949) - zwar beide aus dem selben Material (Mannersdorfer Kalkstein), künstlerisch jedoch liegen zwei sichtlich umwälzende Jahrzehnte in der Vita Wotrubas dazwischen. Die beiden Skulpturen markieren die Eckpunkte des Frühwerks Wotrubas. Dieses ist für Husslein "sehr unterschätzt" - ein Eindruck, den die Schau mit 15 Steinskulpturen, 10 Bronzen, Gips- und Tonmodellen sowie 40 Zeichnungen und Aquarellen durchaus untermauert.

Kriegsschäden

Aus der frühen Michelangelo-Rezeption und der folgenden Auseinandersetzung mit den deutschen Expressionisten, die sich in den ersten Werken der behandelten Schaffensphase (1927-49) noch spiegeln, befreite sich Wotruba 1929 mit einer bahnbrechenden Figur: Der "Stehende" (1929/30) wird zu Wotrubas "erstem Zeichen" als wegweisender Künstler, sagte Kurator Alfred Weidinger, und in der Schau u. a. mit drei Fotografien Wotrubas präsentiert, die "selbst wieder Kunstwerke" sind.

Die Schau im Ostflügel des Oberen Belvedere verfolgt die anschließende künstlerisch ruhigere Phase der Auseinandersetzung mit klassizistischen Vorbildern, die mit Wotrubas Auswanderung in die Schweiz zusammenfällt, ebenso wie die Rückkehr aus dem Schweizer Exil in das zerstörte Wien - wo Wotrubas Figuren angesichts der Kriegsschäden "auseinander brechen", wie Weidinger schildert. Der "Große Sitzende" - auch bekannt als "menschliche Kathedrale" - ist Abschluss der Schau und Aufbruch Wotrubas.

Die Ausstellung wurde schnell zusammengestellt, schilderten Husslein und Weidinger, und wäre ohne die Unterstützung des Wotruba-Vereins nicht möglich gewesen. Zwar ist das heurige Jubiläum von Streitigkeiten um das Erbe des Künstlers überschattet, das vom Fritz Wotruba-Verein bzw. der Fritz Wotruba-Privatstiftung in Wien sowie von einer Stiftung in Liechtenstein verwaltet wird. Ab kommenden Jahr soll dem Künstler jedoch gebührend Raum im 20er Haus gewidmet werden, schilderte die Belvedere-Direktorin: Die ursprünglichen Pläne von Adolf Krischanitz wurden in den vergangenen Wochen überarbeitet, Wotrubas Werk soll nun im 20er Haus mehr Platz als ursprünglich vorgesehen - nunmehr fast 700 Quadratmeter - für ein Schaulager bekommen, ebenso soll sein Werk weiter erforscht werden. Husslein betonte ihr Bekenntnis zur österreichischen Kunst und zur Skulptur.

Von Wotruba habe man in den vergangenen Jahrzehnten "viel zu wenig gehört und gesehen", sagte Husslein. Zum runden Jubiläum gibt es nun neben der Schau im Belvedere und dem begleitenden Katalog (Bibliothek der Provinz, ISBN 978-3-85252-835-9) weitere Präsentationen: Das Kunsthaus Zug würdigt Wotruba ab 6. Mai mit der Ausstellung "Skulptur ohne Eigenschaften" über die Entstehung und das geistige Umfeld von Wotrubas Werk (bis 19. August). Und in der Münchner Pinakothek der Moderne ist von 27. September bis 25. November die Gedenk-Ausstellung "Zeichnungen und Steine" zu sehen. Die Salzburg Stiftung der American Austrian Foundation in Schloß Arenberg zeigt außerdem derzeit Skizzen von Wotrubas szenischer Arbeit für Sophokles' "König Ödipus" 1965 bei den Salzburger Festspielen.

http://www.belvedere.at

Montag, 23. April 2007


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