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derStandard.at | Kultur | Bildende Kunst 
15. September 2006
14:47 MESZ
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documenta 12 
documenta wünscht sich nur einen Besucher mehr als beim letzten Mal
Kunstausstellung sieht Grenzen ihrer Kapazität erreicht - "Kirmessituation" soll vermieden werden

Kassel - Die Kasseler Kunstausstellung documenta sieht sich an der Grenze ihrer Besucherkapazität. "Das Ziel lautet: Die Besucherzahl vom letzten Mal plus eins", sagte Geschäftsführer Bernd Leifeld am späten Donnerstagabend in Kassel mit Blick auf die documenta 12 im nächsten Jahr. Die documenta 11 vor vier Jahren hatten 650.000 Menschen gesehen. Auch der künstlerische Leiter der documenta 12, Roger-Martin Buergel, betonte neun Monate vor Beginn der Ausstellung moderner Kunst, er wolle keine "Kirmessituation". Schwerpunkt der nächsten documenta sei Bildung und Vermittlung. "Es kann sein, dass man zeitgenössische Kunst nicht versteht. Das wollen wir ändern", sagte Buergel. Die Schau solle ruhiger werden. "Die Leute sollen sich auch einmal auf ein Kunstwerk einlassen können", sagte der 44-Jährige.

Es wäre das falsche Ziel, für die Ausstellung im nächsten Jahr den millionsten Gast zu suchen. "So eine Besucherzahl von 650.000 muss verkraftet werden. Mehr verträgt die documenta in 100 Tagen nicht", sagte Leifeld. Er betonte, dass die documenta trotz ihrer Bedeutung große Anstrengungen unternehme, um Künstler und Besucher anzuziehen: "Auch die documenta 12 ist kein Selbstläufer." Er sagte zugleich, er bedaure nicht, dass die Deutsche Bahn statt der documenta nun einen Fußballklub sponsere: "Wer Hertha unterstützt, der ist für die documenta auch nicht der richtige Partner."

"Der Korpus steht im Großen und Ganzen."

Nach Buergels Worten haben alle etwa 100 ausgewählten Künstler inzwischen ihre Einladung erhalten. "Der Korpus steht im Großen und Ganzen." Viele der Künstler würden mehrere Werke zeigen, auch ältere. "Ich möchte ein paar historische neben den neuen, in Kassel entstandenen Stücken sehen, damit man die Biografie des Künstlers nachvollziehen kann", sagte er. Zudem werde die Ausstellung "translokal": "Künstler arbeiten überall mit ähnlichen Problemen. Wir wollen nach Beziehungen suchen, um dieses regionale global darzustellen."

Buergel machte zugleich deutlich, welchen Anspruch die Kunstausstellung documenta an sich selbst habe: "Wir sind die Ausstellung für zeitgenössische Kunst. Hier werden die Modelle erschaffen, die die nächsten 20, 30 Jahre den Kunstmarkt bestimmen. Wenn wir das nicht leisten, sind wir tot."

Die documenta findet seit 1955 alle vier, mittlerweile alle fünf Jahre in Kassel statt und gilt als eine der weltweit bedeutendsten Ausstellungen zeitgenössischer Kunst. Während der Dauer von 100 Tagen werden mehrere hundert Kunstobjekte im Stadtgebiet gezeigt. (APA/dpa)


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