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Diagonale-Kurator Ainberger: Diagonale04 kann nicht stattfinden

Die Debatte um das Filmfestival Diagonale wird immer heftiger.

Wien/Graz (APA) - "...fordere ich die Diagonale-Leitung auf, umgehendst die verantwortlichen Politiker in Graz und Land Steiermark sowie den Staatssekretär dahingehend zu unterrichten, daß die Diagonale04 nicht stattfinden kann", heißt es in einem der APA vorliegenden Brief, der morgen, Freitag, in der Tageszeitung "Der Standard" abgedruckt wird, "Sollte man trotzdem darauf beharren, würde ein unvorstellbarer Image-Schaden entstehen, der allen Beteiligten auf den Kopf fällt." Der Sprengstoff liegt im Absender: Wolfgang Ainberger, offizieller Österreich-Kurator der Diagonale. "Man lässt mich seit drei bis vier Monaten gegen Wände anrennen", begründet Ainberger im Gespräch mit der APA seine ungewöhnliche Aktion. Dass das derzeitige Diagonale-Leitungsteam für den vorgesehenen Zeitpunkt ein vernünftiges Festival-Programm vorlegen könne, hält er "mit absoluter Sicherheit" für unmöglich.

Ainberger hat gestern seine Erfahrungen der vergangenen Wochen und seine Position dazu in einem Brief an den kaufmännischen Leiter Tillmann Fuchs festgehalten, der auch dem Kunststaatssekretariat und den wesentlichen Filmverbänden übermittelt wurde. Dabei enthüllt er Details aus der Vorbereitung, die irritieren: "Aus gegebenem Anlass erkläre ich zum wiederholten Male, daß ich keinen österreichischen Film, zu dessen Vorführung der Regisseur und wesentliche Stabsmitglieder ihr Einverständnis verweigern, als Kurator programmieren werde", heißt es da etwa, "Ich denke auch nicht daran, mit bereits vorgeschlagenen trickreichen Schachzügen, zu Kopien zu gelangen. Das wäre meiner Meinung nach echte GEWALT GEGEN DIE KUNST mit diktatorischen Maßnahmen, die jedem rechtsstaatlichen Vorgehen Hohn sprechen und das tradierte Wort Kulturnation ad absurdum führen würde."

"Ergänzend dazu, können auch keine Specials, Sonderprogramme, Tributes programmiert werden, da auch in diesem Punkt die notwendige und sorgfältige Zusammenarbeit mit den Kreativen verweigert wird", schreibt Ainberger weiter, "Ein von Ihnen gewünschtes Crash Programm wird es von mir ebenfalls nicht geben. Eines, hauptsächlich aus alten und neuen TV-Programmen bestehendes, ebenfalls nicht. Haben doch auch die TV-Film-Regisseure ihre Mitarbeit verweigert. Die Diagonale darf weder zu einem ORF-Festival noch zu einem schalen Programmkino mit Bellaria-Touch werden. Das ist absoluter Schwachsinn, schadet dem Festival im In- und Ausland und wäre die endgültige Bankrotterklärung der Leitung."

"Wir haben all das nicht, was ein Festival des österreichischen Films braucht", schreibt Ainberger, weder machten die Kreativen mit, noch gebe es ein herzeigbares Programm, und auch die "großangekündigte Projektbörse wird es nicht geben". Die Diagonale-Leitung habe es weder geschafft, eine tragfähige Plattform herzustellen, noch verfüge sie über erfahrene Festival-Profis: "Schon alleine aus diesem Grund kann die Diagonale04 nicht stattfinden." Neben heftigen Vorwürfen gegen die kaufmännische Seite gibt es auch scharfe Kritik an Miroljub Vuckovic, dem künstlerischen Leiter: "In fünfeinhalb Monaten konnte ich insgesamt knappe drei Stunden mit ihm sprechen. Seine Österreich-Aufenthalte sind marginal..." Vuckovic habe jedoch seinen Vertrag noch immer nicht unterschrieben.

Ainberger schlägt radikale Maßnahmen vor: "Um die Kontinuität des Festivals in Graz zu erhalten, soll die Gegendiagonale auch mit der zweiten Tranche von 100.000 Euro unterstützt werden. Parallel dazu muss die Diagonale neu unter Miteinbeziehung der Branche neu ausgeschrieben werden. Nennungsfrist Februar 2004, bis dahin wird ein interimistischer Leiter bestellt, der nach Reduzierung der laufenden Kosten logistisch und finanziell mit der Gegendiagonale kooperiert und auch am Programm mitarbeitet."
2003-11-20 15:12:19