text breit  text schmal  
drucken 
Bilder keine Bilder

derStandard.at | Newsroom | Kultur | Bildende Kunst 
15. Mai 2009
18:00 MESZ

Hundertwasser für 320.000 Euro: Tränenspirale mit Kito im Eck 525, Wien/Paris 1962.


Menschenmassen und ein Schaf
Art Austria 1900-2000: Zum zweiten Mal gastiert dieses Messeformat (bis 17. Mai) mit 40 Kunsthändlern und Galeristen im MQ

Ein Gefühl wurde Philipp Konzett am Vernissageabend nicht los, dass die zuvor sorgsam von den Ausstellern vorbereiteten Präsentationen zur bloßen Staffage verfielen, zu einer Eventkulisse für ein an Kunst kaum interessiertes Publikum. Tonnen von Einladungen, so vermutet der Galerist, hätten Menschenmassen angelockt und ihn eher zur Funktion eines Museumswärters verdonnert. Andere Teilnehmer konnte dieser Vermarktungsstrategie der zum zweiten Mal stattfindenden "Art Austria 1900 > 2000" (bis 17. Mai) doch auch Positives abgewinnen. Superlative sind in Zeiten wie diesen halt spärlich gesät, also freut man über den kaum bewältigbaren Ansturm.

Um die 4.500 Besucher schätzt Manfred Lang, geistiger Vater dieses Messeformats, hätten sich auf den 3000 Quadratmetern gezwängt. Darunter bei den traditionellen Kunstmessen sonst kaum vertretene Zeitgenossen, Rainer und Staudacher, das Ehepaar Grabmayr und Großfamilie Pillhofer. Die versierte Sammlerschaft hatte die entspannte Atmosphäre der Preview zu genießen verstanden.

Die Zwischenbilanz nach den ersten Öffnungstagen: Einige Reservierungen, ein paar Verkäufe und die Hoffnung, dass so mancher Stammkunde die Eröffnungsbeklemmung bitteschön schnell verdaut und sich zu einem nochmaligen Besuch entschließt. Sein beschauliches Abgeordneten-Dasein wusste Wilhelm Molterer anderntags zu nutzen. Er frönte seiner Wanderleidenschaft mit einer Tour durch die hier repräsentierte österreichische Kunstgeschichte, unterbrochen nur durch Fachsimpeleien etwa mit Wilfried Magnet (Völkermarkt) oder Ursula Hieke (Wien). Letztere freut sich über das rege Interesse an ihrem Kokoschka-Ensemble, der Tuschezeichnung Liegende und den beiden frühen, um 1906/08 in Öl ausgeführten Porträts, das seines Bruders Bohuslav (110.000 Euro) und jenes des Vaters Gustav, das vermutlich in Museumsbesitz wechseln wird.

Eine stattliche Anzahl roter, einen Verkauf besiegelnde Klebepunkte konnte der Kunsthändler Josef Schütz (Wien) bereits am ersten Tag verteilen: für eine Kohlezeichnung von Kolo(man) Moser ebenso wie eine New York Skyline von Otto Rudolf Schatz oder die Pferdeschwemme von Ferdinand Stranksy.

Noch vor dem Wochenende dürfte bei Kovacek Spiegelgasse (Wien) nicht nur ein Hans Bischoffshausen (Feld am See, 1960) abgehängt werden. Leere Kojenwände müssen Besucher kaum befürchten, ausgenommen Lücken gehören zum Konzept, etwa bei der mit Abstand gelungensten Hängung der gesamten Messe am Stand der Galerie 3 (Klagenfurt), wo sich die Tierwelt in allen Techniken, Formaten und Preisklassen (bis zu 57.000 Euro für Cornelius Koligs Schaf Susi) versammelt hat: Als Platzhalter für verkaufte Werke dient der von einem gezeichneten Rahmen eingefasste Name des Künstlers. So ästhetisch kann das Geschäft mit der Kunst sein.

Gegenüber dem Vorjahresdebüt hat sich - bis auf die famose Ergänzung um den vom Schwarzen Kamel betriebenen Salon Hoffmann - auf den ersten Blick nur in der um 20 Prozent gestiegenen Anzahl der Aussteller verändert. Die inhaltliche Erweiterung von 1920 bis 1980 auf den nunmehr ein rundes Jahrhundert umfassenden Zeitraum von 1900 bis 2000 spiegelt sich dagegen nur marginal.

Vor allem die ersten beiden Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts sind leider eine Minderheit geblieben. Etwas mehr Terrain beanspruchen Werke der Zwischenkriegsmalerei, gefolgt von den unterschiedlichen Strömungen der 60er bis 90er Jahre als stärkste Fraktion. (Olga Kronsteiner, ALBUM - DER STANDARD/Printausgabe, 16./17.05.2009)

Diesen Artikel auf http://derstandard.at lesen.

© 2009 derStandard.at - Alle Rechte vorbehalten.
Nutzung ausschließlich für den privaten Eigenbedarf. Eine Weiterverwendung und Reproduktion über den persönlichen Gebrauch hinaus ist nicht gestattet.