Salzburger Nachrichten am 8. Oktober 2005 - Bereich: Kultur
Zur Eröffnung: Arge Kultur BERNHARD FLIEHER
E ndlich Eröffnung! Aber bitte doch nicht zwei am selben Tag! Wo kommen
wir denn da nicht hin?! Noch dazu wenn sich's am gegenüberliegenden Ende
der Stadt abspielt. Kunstpause ermöglicht jetzt nicht einmal mehr das
ausgebaute Einkaufszentrum an der Peripherie. Spar' in der Zeit, dann hast
du zur Not auch was für Kultur übrig. Das Motto "Shopping of Modern Art"
bedeutet dennoch nicht, dass neben der H & M-Hose auch ein Warhol oder
Nitsch billig hergeht. Am anderen Ende der Stadt springt einen im Nonntal
das Widerständische und Rebellische auch nicht gleich von jeder Ecke der
neuen Arge an, nur weil "alternativ" und "innovativ" die Wörter des Abends
sind.Bei Eröffnungen verschwimmen die Unterschiede zwischen den Stätten
des Kaufens und denen des Verkaufens ohnehin. Gleich ist: Aller Anfang ist
fad, weil Eröffnungsrituale - egal ob bei den Kapitaljägern oder den
Kritikkämpfern - mehr müssen als gut tut. E s herrscht das Prinzip
Feuerwehrhaus-Einweihung. Eine Musi' muss sein zum Opening und die darf
nicht zu lang spielen, sonst geht sich das mit der Verständlichkeit nicht
mehr aus, weil Freibier obligatorisch ist und trotzdem Politiker fest
reden und lokale Launemacher Pointen dreschen wollen. Und ein bisserl
Kunst darf's dann auch noch sein. Warum sind wir denn sonst hier?
Kundenservice is our erfolgreicher Auftrag. Applaus von und für alle ist
die größte Sehnsucht, das Essen ist gratis und die Stimmung soll bombig
sein. Damit alles seine richtige Wichtigkeit hat, werden Wochen zuvor an
Auserwählte Zutrittsberechtigungen (wahlweise in Kreditkartenform oder als
Armband) verabreicht: "Wir bringen dich da rein", stand auf den Plakaten.O
b im Warenparadies oder im Betonkunstbau - die Häppchen (abgestuft nach
Schickheit des Ereignisses serviert als ganzes Grillhenderl, zerlegt in
Flügerl und Haxerl oder - ganz fein, ganz fast - fingergerecht als
Spießchen in exotischer Soße) schmecken da wie dort. Gibt auch nichts
G'scheites zum Lachen, dass einem das Essen im Hals stecken bleiben
könnte. Der Applaus der Willigen tost, weil die eingeladen wurden, um
glauben zu dürfen, dass jetzt alles neuer, besser, aufregender wird. Ein
größeres Einzugsgebiet wird als Hoffnungsmarkt beworben. Zusätzliche
Geschäftsfläche erweitert die Kundenkampfzone. Jetzt warten wir, dass sie
losbricht, die arge Kultur. |