Hilfe zur Selbsthilfe | |
Design meint in der Generali Foundation nicht luxuriöse
Ästhetisierung des Alltags, sondern Lebenskonzepte für Menschen am Rande
der Gesellschaft. |
Dass sich die bildende Kunst der letzten
Jahre häufig mit sozialen Problemen und den Lebensbedingungen der Menschen
im Zeichen von Neoliberalismus, Globalisierung und Krieg auseinandersetzt,
ist nicht erst seit der am kommenden Sonntag zu Ende gehenden documenta 11
bekannt. Die Wiener Generali Foundation trägt mit ihrer aktuellen
Ausstellung diesem Trend Rechnung. "Designs für die wirkliche Welt" zeigt
aktuelle und historische Denkanstöße und Lösungsvorschläge von Künstlern
etwa für Armenviertel, Obdachlose oder illegale Einwanderer. Offizieller Schwarzmarkt Die österreichisch-bosnische Architektin Azra Aksamija etwa bringt
Vorschläge für die Zukunft eines in den Kriegswirren entstandenen und zu
einer kleinen, multi-ethnischen Stadt angewachsenen Schwarzmarktes in
Bosnien. Ironischerweise wurde der Schwarzmarkt von der SFOR ins Leben
gerufen, weil sie anders die Versorgung nicht garantieren konnte.
Gleichzeitig ist das Areal, eben weil es ein Schwarzmarkt ist, völlig
dereguliert und wildwüchsig. Kleine kreative Eingriffe und humane
Selbstregulierung statt brutaler Umgestaltung zur Shoppingmall lautet die
Devise.
Kunstvolle Selbstorganisation Die oft geniale Selbstorganisation von Elendsvierteln hat auch die
slowenische Stadtplanerin Marjetica Potrc beeindruckt. "Sie beobachtet
diese Orte nicht mit einem Blick des Bedauerns, sondern sie versucht die
Aufmerksamkeit auf das innovative Potenzial und auch auf die ästhetischen
Qualitäten dieser Gebäude zu lenken", erklärt Ausstellungskuratorin Sabine
Breitwieser Potrcs Ansatz.
Leben im Einkaufswagen Der in den USA lebende Pole Krzysztof Wodiczko wurde in den 80er Jahren
mit seinen "Homeless Vehicles" berühmt - das sind quasi Einkaufswagen, mit
denen Obdachlose ihre Habseligkeiten transportieren und in denen sie auch
schlafen können.
In der Generali Foundation sind neben den Vehicles Wodiczkos
Apparaturen aus der Xenology-Serie zu sehen, mit denen er in den 1990er
Jahren illegalen mexikanischen Einwanderern mittels tragbarer Lautsprecher
und Videomonitore zur Sprache und Selbstdarstellung verhalf. Neuauflage Historisches reflektiert auch der österreichische Künstler Florian
Pumhösl, indem er die in Zusammenhang mit der Öko-Bewegung stehenden
Entwürfe des Designers Victor Papanek aus den 1960er Jahren
rekonstruierte. Seine Tetraeder waren für verschiedenste Einsatzgebiete
vorgesehen, von der Raumstation bis zum Öltransport auf See.
Utopische Konzepte Viele der Künstler-Ideen zu den "Designs für die wirkliche Welt"
verstehen sich eher als Denkanstoß denn als praktisch umsetzbarer
Lösungsvorschlag. Dennoch sind es - wie Sabine Breitwieser betont - meist
wirtschaftliche Interessen, die die Umsetzung durchaus praktikabler
Vorschläge zunichte machen. "Von Seiten der Industrie besteht natürlich
wenig Interesse, Deregulierung und Selbstverwaltung zu vermarkten. Das ist
noch nie jemandem gelungen", sagt die Generali-Kuratorin. Link: Generali Foundation | ||||||||||
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